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"Schieflage" am Arbeitsmarkt, Wien hinkt nach

Politik

Von Oberösterreich gibt es die Forderung an Minister Kocher, Länderunterschiede bei Arbeitslosen zu prüfen.


Deutliche Differenzen bei den Arbeitslosenzahlen zwischen Wien und den Bundesländern rufen Wirtschaftsvertreter in Oberösterreich auf den Plan. Mit 97.811 arbeitslos gemeldeten Personen wies die Bundeshauptstadt immerhin 41 Prozent der bundesweit beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldeten Beschäftigungslosen auf. Der Geschäftsführer der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ, Gottfried Kneifel, nimmt diese "enorme Schieflage" zum Anlass für einen Appell an Arbeitsminister Martin Kocher, die regionalen Unterschiede einer "kritischen Untersuchung" zu unterziehen.

Der ehemalige Präsident des Bundesrates und ÖVP-Politiker aus dem oberösterreichischen Enns ist nicht der Erste, der sich über das Nachhinken Wiens auf dem Arbeitsmarkt wundert. Das Neos Lab, die Parteiakademie der Pinken, hat kurz vor dem Jahreswechsel 2021/22 ebenfalls auf diesen Aspekt aufmerksam gemacht.

Kneifel meint, wenn man davon ausgehe, dass die AMS-Mitarbeiter in Wien ebenso aktiv arbeiten wie in Oberösterreich, so müssten die tieferen Ursachen für diese Schieflage bei den Arbeitslosenzahlen geklärt werden. Er weist noch darauf hin, dass Wien nur 20.015 offene gemeldete Arbeitsstellen anbiete. Das seien nur knapp 15 Prozent aller offenen Stellen in Österreich.

Wien profitiert von Bundesbehörden

Für den Wirtschaftsinitiative-Geschäftsführer ist das Nachhinken Wiens am Arbeitsmarkt aus einem weiteren Grund bemerkens- und aufklärenswert. Denn die Bundeshauptstadt profitiere als Standort fast aller Bundesagenturen und Leitungsstellen von Behörden und Ministerien. Kneifel hat in der Vergangenheit mehrfach beklagt, dass nicht einmal eine Handvoll der knapp 70 Bundesbehörden außerhalb von Wien angesiedelt seien. Jahrelange Bemühungen für eine Verlagerung blieben allerdings ohne Erfolg.

Darüber hinaus profitiere der Wiener Arbeitsmarkt als Sitz von Unternehmenszentralen und von internationalen Firmengruppen. Die erhöhte Zuwanderung in Wien könne angesichts des österreichweiten Arbeitskräfte- und Facharbeitermangels "nicht als schicksalhafte Benachteiligung angesehen werden", meinte er am Dienstag.

Von Interesse ist die Diskussion um die Zahl der Arbeitslosen in Wien noch aus einem anderen Grund. Die Wiener AMS-Chefin Petra Draxl gilt als chancenreiche Anwärterin auf die Nachfolge von AMS-Bundeschef Herbert Buchinger. Dieser hat am vergangenen Freitag vorzeitig seinen Rückzug offiziell angekündigt. Buchinger, einst im Büro von Sozialminister Josef Hesoun (SPÖ) tätig, war bisher gemeinsam mit Johannes Kopf AMS-Chef, letzterer bleibt im Amt. (ett)