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Sag mir, wo die Lehrer sind

Von Karl Ettinger

Politik

Die Suche nach Pädagogen für das kommende Schuljahr sorgt schon jetzt bei Direktoren für Kopfzerbrechen.


Es war ein informelles Treffen von Schulleitern, das am Donnerstag Wiener Direktorinnen und Direktoren zusammengeführt hat. Ein Problem hat diese Pflichtschulleiter wenige Wochen vor Ende des Schuljahres allerdings geeint: Es fehlen Lehrerinnen und Lehrer für das neue Schuljahr 2022/23 ab September, wie aus Teilnehmerkreisen zu hören war. "Es gibt zu wenige Lehrer", meint ein Direktor ohne Umschweife im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Das Problem ist keineswegs auf Wien beschränkt. "Dieser Lehrermangel ist schon ein österreichweites Phänomen", wird in der Bildungsdirektion Oberösterreich erläutert. Dabei sei man ohnehin regelmäßig auf der Suche nach Pädagogennachwuchs. Deswegen läuft jeweils eine große Kampagne "Ich werde Lehrer in Oberösterreich" in den siebten Klassen, also im Jahr vor der Matura, um Mädchen und Burschen den Lehrerberuf schmackhaft zu machen. Darüber hinaus würden auch Lehrkräfte sensibilisiert, mit Schülern aktiv ins Gespräch zu kommen, die für das Unterrichten in einer Schule geeignet scheinen. Inzwischen werden auch viele Planstellen als Teilzeitbeschäftigung ausgeschrieben, um Lehrerinnen, die ein Kind bekommen haben, den Wiedereinstieg leichter zu ermöglichen.

Demonstration ist für 21. Juni angekündigt

In Wien kommen allerdings mehrere Faktoren zusammen, die die Nöte der Schuldirektorinnen und -direktoren verschärfen: Die steigende Bevölkerungszahl hat auch zur Folge, dass die Schülerzahl steigt; wie schon in den vergangenen Jahren gehen in den kommenden Jahren viele Pädagogen in Pension; wegen der im Vergleich hohen Anzahl an Mädchen und Buben in Volksschulen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, ist der Bedarf an Deutschförderklassen und insgesamt an Betreuung größer; noch immer kämpfen Lehrkräfte damit, dass Schüler nach den Zeiten der Corona-Pandemie mit Heimunterricht in den Klassen häufiger stören und spezielle Betreuung brauchen und bräuchten; so mancher Pädagoge zieht es auch vor, lieber außerhalb der Großstadt in Niederösterreich zu unterrichten.

In der Bundeshauptstadt ist daher die Zuteilung der Stundenkontingente, die für die Zahl der Lehrer an einer Schule ausschlaggebend ist, für die Pflichtschulleiter an Volks- und Mittelschulen von besonderem Interesse. Das liegt daran, dass knapp vor Schulschluss im Vorjahr für das heurige Schuljahr eine große Neuverteilung erfolgt ist, die zu Zähneknirschen bei Direktorinnen und lautstarken Protesten von Eltern und deren Vertretern geführt hat.

Obwohl Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr und Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer noch rund 100 Planposten zugestanden haben, mussten 117 von 272 Volksschulen und 28 von 120 Mittelschulen in der Bundeshauptstadt Einsparungen bei den Stundenkontingenten und damit bei Lehrerposten verkraften. 149 Volksschulen und 90 Mittelschulen stiegen besser als davor aus.

Für den 21. Juni hat eine Eltern- und Bildungsinitiative nun eine Demonstration wegen der Unsicherheit um Stundenkontingente angekündigt. Während neuerlich Kürzungen befürchtet werden, wird auf Anfrage in der Bildungsdirektion Wien betont: "Es gibt keine Einsparungen bei Stundenkontingenten, es werden circa 12.500 Planstellen sein."

Die Einteilung sei bereits erfolgt, "die Schulen kennen ihre Grundkontingente", wird in der Bildungsdirektion erklärt. Zugleich war bei dem Direktorentreffen aber zu hören, dass wegen fehlender Lehrerinnen und Lehrer manche Klassen in Schulen nicht besetzt werden könnten.

Noch läuft, wie die Bildungsdirektion einräumt, aber die "Feinsteuerung" von Stunden wegen spezifischer Herausforderungen. Darunter fällt auch die Frage , wie viele Flüchtlingskinder aus der Ukraine im neuen Schuljahr unterrichtet werden - und ob abhängig von der Entwicklung des Kriegs Russlands gegen die Ukraine - nach dem Sommer eine weitere Welle an Flüchtlingen und Kindern aus den Kriegsgebieten zu erwarten ist. Klar ist allerdings schon jetzt, dass viele Stunden wegen des Unterrichts der ukrainischen Kinder zugeteilt werden, meint eine Volksschuldirektorin.

So mancher hört nach ein oder zwei Jahren auf

Auch in Oberösterreich herrscht beim Lehrpersonal nicht nur eitel Wonne. "Es ist schon angekündigt worden, dass wir weniger Stunden haben werden", schildert eine Lehrerin an einer Ganztagsvolksschule. Auch auf dem Weg soll gespart werden, allen politischen Ankündigungen zum Ausbau der Ganztagsschulen zum Trotz. Bei einer Fortbildungsveranstaltung war auch zu hören, man solle sich "nicht aufregen, die Ressourcen sind einfach nicht da".

Der Mangel an Lehrern und genügend Nachwuchs bereitet auch in Niederösterreich der Bildungsdirektion und den Schulleitern Kopfzerbrechen. "Bei den Gymnasien merken wir es auch schon", bestätigt Isabella Zins, Direktorin in Mistelbach und bundesweite Sprecherin der AHS-Direktoren. Selbst in Deutsch und Turnen: "Das nächste Jahr wird sicher herausfordernd." Sie selbst halte etwa bei früheren Maturanten, die ein Lehramtsstudium absolvieren, Ausschau.

Zins weist noch auf einen weiteren Aspekt hin: "Viele werfen im ersten oder zweiten Jahr das Handtuch." Ein Mitgrund: Nach dem neuen Lehrer-Schema betrage die Lehrverpflichtung statt 20 Stunden Unterricht vier Stunden mehr.