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Ein Privatspital mehr - ohne Begründung

Von Daniel Bischof und Karl Ettinger

Politik

Der Rechnungshof kritisiert intransparente Aufstockungen und Aufnahmekriterien für den Privatkrankenanstalten-Fonds.


Das machte die Kontrolleure des Rechnungshofes stutzig. Ab 2019 wurde die Dotation des Zusammenschlusses der Privatkrankenanstalten in Österreich um 14,7 Millionen Euro dauerhaft erhöht. Die Folge war eine "deutliche finanzielle Besserstellung" des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf), der nun 146 Million Euro schwer war. Zeitgleich wurde mit der Privatklinik Währing ein neues Spital in den Fonds aufgenommen. In den Gesetzesmaterialen der damaligen ÖVP-FPÖ-Koalition seien aber "weder die Erhöhung der Dotierung noch die Neuaufnahme nachvollziehbar begründet" worden, bemängeln die Prüfer des Rechnungshofes.

Das Kontrollorgan hat sich in einem Rohbericht mit jenen Vorgängen beschäftigt, die im August 2021 ein Nachspiel für Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache vor Gericht hatten. Er ist damals im Wiener Straflandesgericht wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Zwölf Monate bedingte Haft wegen Bestechung fasste Walter Grubmüller aus, der Betreiber der Privatklinik Währing. Beide wurden schuldig gesprochen, weil sich Strache im Gegenzug für zwei Spenden an die Freiheitlichen mittels FPÖ-Initiativantrag im Juni 2017 dafür eingesetzt haben soll, dass die Klinik in den Prikraf aufgenommen wird. Der Antrag hatte keinen Erfolg, unter der türkis-blauen Bundesregierung erfolgte aber die Aufnahme in den Fonds. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Strache und Grubmüller bestreiten die Vorwürfe.

Keine Kriterien für die Aufnahme

Der Rechnungshof stieß sich an den gesetzlichen Regeln für den Fonds, der 2002 unter Schwarz-Blau eingerichtet worden war. Der Fonds regelte die Finanzierung bestimmter privater Krankenanstalten neu. Jene Privatspitäler, die in den Prikraf aufgenommen werden, können Leistungen, die sie für Pflichtversicherte erbringen, direkt mit den Sozialversicherungen abrechnen. Voraussetzung ist, dass diese Behandlungen medizinisch notwendig sind.

Neuzugänge in den Prikraf waren Raritäten. Im Jahr 2008 wurde das 29 Betten zählende Sanatorium Wörgl aufgenommen, damals wurde das Budget des Fonds um 380.000 Euro erhöht. Unter Türkis-Blau folgte dann eben die Aufnahme der Privatklinik Währing mit 1. Jänner 2019, zeitgleich wurde das Budget des Fonds um 14,7 Millionen Euro auf insgesamt 146 Millionen Euro erhöht.

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Rohbericht, dass weder im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz noch im Prikraf-Gesetz für die Aufnahme neuer Kliniken Kriterien und "allfällige damit zusammenhängende Folgen definiert" werden. Er mahnt den Gesetzesgeber, Aufnahmekriterien festzulegen und diese auch regelmäßig zu prüfen.

Derzeit muss die Klinik für die Aufnahme einerseits vom Gesetzgeber in den Anhang zum Prikraf-Gesetz aufgenommen werden. Andererseits muss sie Teil des Gesamtvertrags zwischen dem Dachverband der Sozialversicherungsträger und dem Fachverband der Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer (WKO) sein. Das ist keine leichte Aufgabe: Das Budget des Fonds ist nämlich gesetzlich gedeckelt. Dadurch führt die Aufnahme eines neuen Spitals in den Prikraf automatisch dazu, dass alle anderen Spitäler weniger Geld erhalten. Neue Bewerber wurden daher nur willkommen geheißen, wenn mit ihrer Aufnahme zugleich eine Budgeterhöhung einherging.

Bereits Wolfgang Pöschl, Verfahrensrichter im Ibiza-U-Ausschuss, hat dieses Prozedere in seinem Bericht zum Ausschuss kritisiert. Aufgrund mangelnder gesetzlicher Regeln seien Bewerber angewiesen, Politiker und Sozialpartner "günstig zu stimmen", hieß es in dem Endbericht. Dass dies die Gefahr "nicht wünschenswerter unsachlicher Ergebnisse" bringe, brauche "keiner weiteren Erörterung".

Mahnung an den Gesetzgeber

Finanziert wird der Fonds über die österreichischen Krankenversicherungsträger - und damit letztlich über die Versicherten mit ihren Krankenkassenbeiträgen: Sie zahlen einen jährlich valorisierten Pauschalbeitrag in den Prikraf ein. Die 14,7 Millionen Euro, die ab 2019 zusätzlich geleistet wurden, machten immerhin das Dreifache der durchschnittlichen jährlichen Erhöhung durch Valorisierungen im Zeitraum von 2017 bis 2019 aus. Die Aufstockung "stellte eine finanzielle Mehrbelastung der Krankenversicherungsträger dar", so die Prüfer des Rechnungshofes.

Der Rechnungshof sieht "Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen". Besonders der Gesetzgeber wird in die Pflicht genommen: Künftige rechtliche und finanzielle Änderungen des Prikraf-Gesetzes sollten auf "nachvollziehbaren, validen und in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Entscheidungsgrundlagen basieren". Insbesondere sollten die von den Privatspitälern erbrachten und von der Sozialversicherung zu finanzierenden Leistungen berücksichtigt werden, so der Rechnungshof. Vermisst wird zudem eine eindeutige gesetzliche Festlegung, wer zur Geschäftsführung des Fonds gehört. Es sei auch die Zusammensetzung der elfköpfigen Fondskommission im Hinblick auf die Verantwortung der Finanzierung zu prüfen.

Das Gesundheitsministerium sei dazu angehalten, ein strengeres Auge auf den Fonds zu haben. Denn bisher fehlte es an Vor-Ort-Überprüfungen durch das Gesundheitsressort als Aufsichtsorgan. Dies vor allem deswegen, weil der Prikraf zwar Mittel von knapp 150 Millionen Euro aus Beiträgen der Krankenversicherung erhält, aber über keine interne Revision zur Kontrolle verfügt, wie der Rechnungshof beklagte. Die jährliche Prüfung der Wirtschaftsprüfungskanzlei habe sich im Wesentlichen auf die Feststellung eines ordnungsgemäßen Jahresabschlusses beschränkt.

Schließlich mahnte der Rechnungshof eine verbesserte Qualitätssicherung ein. Was die Abgeltung von Gesundheitsleistungen betrifft, vermissten die Prüfer eine Nachprüfung. So lagen die Ist-Stunden etwa im Jahr 2020 unter den Soll-Stunden gemäß Stellenplan beziehungsweise freien Dienstverträgen, wurde festgestellt. Daher wäre nach Ansicht der Rechnungshofprüfer das Ausmaß an Soll-Stunden neu zu definieren und die vereinbarten und erbrachten Stunden danach auszurichten, wird in dem Prüfbericht gefordert.

Forderung nach Reformen

Der Bericht schaufelt Wasser auf die Mühlen des höchsten Arbeitnehmervertreters in der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, dem der Prikraf-Fonds ein Dorn im Auge ist. Der Prikraf müsse reformiert werden, weil er intransparent sei, so Huss. Außerdem müssten die 14,7 Millionen Euro, die jährlich zusätzlich durch die ÖVP-FPÖ-Änderung in den Fonds fließen, zurückgenommen werden, weil das Geld der Gesundheitskasse, die mit einem Defizit kämpft, fehle. Wenn keine Reform gelinge, müsse der Prikraf abgeschafft und die in den Privatspitälern erbrachten Leistungen müssten wie vor 2002 mit Verträgen im Einzelfall geregelt werden, meint Huss.