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Die versteckte Epidemie

Von Raffael Reithofer

Politik

Hohe Cholesterinwerte verursachen einen immensen volkswirtschaftlichen Schaden, zeigt eine neue Studie vom IHS.


Es ist eine stille Epidemie, die im Hintergrund jedoch für bis zu neun Prozent der Todesfälle in Österreich bei den unter 90-Jährigen verantwortlich ist, wie eine neue Studie des Gesundheitsökonomen Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) zeigt. Die Rede ist von erhöhten Cholesterinwerten, also dem, was in der medizinischen Fachsprache Hypercholesterinämie heißt.

Czypionka, der sowohl Medizin als auch Ökonomie studiert hat, schätzt die volkswirtschaftlichen Kosten der Volkskrankheit Cholesterinüberschuss in Österreich auf über eine Milliarde Euro. Das sei aber sogar noch "eher eine Unterschätzung als eine Überschätzung, da wir bestimmte Kosten nicht schätzen können", sagt er. Dazu komme etwa die psychische und physische Belastung der Betroffenen, die sich freilich nur schwer in Zahlen fassen lässt.

Mögliche Folge: Herzinfarkt

Klar ist jedenfalls, dass erhöhte Cholesterinwerte zu einer Verstopfung der Arterien und damit zu schweren Folgeerkrankungen wie etwa einem Herzinfarkt führen können. Das kann sich einerseits in hohen volkswirtschaftlichen Kosten (direkte Kosten wie Behandlungskosten sowie indirekte Kosten, die etwa durch den Ausfall der Betroffenen am Arbeitsmarkt verursacht werden) und andererseits in einer verminderten Lebenserwartung und Lebensqualität der Betroffenen ausdrücken.

Trotz der Bedeutung dieser Krankheit ist jedoch die Datenlage zur Verteilung der erhöhten Cholesterinwerte in Österreich schlecht. Genauer gesagt, werden dazu in Österreich laut Czypionka gar keine Daten erhoben, weshalb seine Studie auch auf einer Hochrechnung entsprechender Daten aus Deutschland auf Österreich basiert: "Es ist ein Versäumnis, dass wir in Österreich einerseits ein durchgeplantes Gesundheitssystem haben und andererseits nicht einmal über die großen Gesundheitsfaktoren Bescheid wissen", kritisiert der Experte.

Zukünftig bessere Daten?

Beim Gesundheitsministerium deutet man gegenüber der "Wiener Zeitung" an, dass sich die Datenlage in Zukunft verbessern soll: Die Einführung einer "verpflichtenden codierten ambulanten Diagnosen-Dokumentation" sei in Vorbereitung, heißt es.

Bereits jetzt zeigen die Daten jedenfalls, dass Österreich an zu hohen Cholesterinwerten leidet. Denn laut Czypionkas Studie hat nur eine Minderheit der Männer ab 30 Jahren sowie der Frauen ab 45 Jahren einen optimalen Cholesterinwert unter fünf Millimol pro Liter. "Es gibt erstaunlich viele Menschen, die davon betroffen sind", sagt der Gesundheitsökonom.

Handlungsbedarf gäbe es also genug. Czypionka empfiehlt daher, das Bewusstsein in der Bevölkerung für das Thema zu schärfen und dabei insbesondere auch die Hausärztinnen und Hausärzte - also all jene Mediziner, die ihre Patienten und Patientinnen zumeist am besten kennen - verstärkt einzubeziehen.