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Rassismus als häufigster Diskriminierungsgrund in Schule und Uni

Politik

Die Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen präsentierte ihren Jahresbericht für 2021.


Dass Diskriminierung und Rassismus im österreichischen Bildungssystem noch immer Thema sind, ist für Sonia Zaafrani ein Armutszeugnis. Die Obfrau der Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen (IDB) präsentierte am Freitag ihren Jahresbericht. 121 Vorfälle von Diskriminierung von Schülerinnen und Schülern, Studierenden und Pädagoginnen und Pädagogen wurden der Initiative im Vorjahr gemeldet. Mit 80 Prozent hatte die überwiegende Mehrheit einen rassistischen Hintergrund.

Die Dunkelziffer sei allerdings weitaus höher. "Das ist nichts Neues und wird sich von alleine auch nicht so schnell ändern", sagt Zaafrani. Diskriminierung im Bildungssystem habe viele Gesichter. Rassistische Ausdrücke in Lernmaterialien, Mobbing infolge eines homosexuellen Outings oder die Beleidigung muslimischer Schülerinnen oder Schüler durch Lehrpersonen. Bei der IDB können Menschen, die in Kindergarten, Schule oder Universität Ungleichbehandlung oder Abwertung etwa aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Sprache oder Religion, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung erfahren, diese Vorfälle melden und Beratung in Anspruch nehmen.

Kaum Konsequenzen bei Diskriminierung

Die aus den Meldungen resultierende Statistik sei zwar nicht repräsentativ. Sie mache aber auf die grundsätzliche Problematik aufmerksam. Abgesehen von den rassistischen Vorfällen – hier wurden 18 Prozent als "antimuslimischer Rassismus" klassifizierte Fälle miteingerechnet – betrafen die Meldungen zu sieben Prozent Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und sechs Prozent aufgrund einer Behinderung. Sexistische und antisemitische Vorfälle machten vier beziehungsweise ein Prozent aus.
In mehr als einem Drittel der Meldungen ging die Diskriminierung von den Lehrenden aus. Bei dreizehn Prozent waren Schüler und Schülerinnen die Täter. Betroffene waren im Gegensatz dazu vorrangig Schülerinnen und Schüler (45 Prozent) und Studierende (35 Prozent), Lehrpersonen folgten mit sieben Prozent.

IDB-Vorstandsmitglied Persy Lowis Bulayumi kritisierte auch, dass diskriminierendes Verhalten für Pädagoginnen und Pädagogen kaum Konsequenzen habe. Auch Zivilcourage sei selten: Nur bei jedem zwanzigsten gemeldeten Fall gaben die Betroffenen an, dass Dritte sich solidarisch gezeigt und eingegriffen hätten. Dabei würde es oft reichen "wenn ein Mitschüler andere Lehrer auf so ein Verhalten aufmerksam macht, um die Diskriminierung abzustellen", sagt Zaafrani.

Elf Punkte für Antidiskriminierung

Dem Diskriminierungs- und Rassismusproblem im Bildungssystem müsse man aktiv entgegentreten. Die IDB hat einen Elf-Punkte-Plan zur Vermeidung von Diskriminierung ausgearbeitet. Am Anfang stehe eine umfangreichere Datenerhebung sowie die Einrichtung von unabhängigen Melde- und Beschwerdestellen in allen Bundesländern. In Wien gibt es eine solche bereits, allerdings wüssten Betroffene kaum von diesem Angebot, bemängelt Zaafrani. In weiterer Folge könnten Workshops an Schulen und Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte für die nötige Sensibilisierung sorgen.

Ein diverserer Lehrkörper mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung könnte Vorbilder für Kinder und Jugendliche aus häufig diskriminierten Gruppen liefern. "Dann sehe ich als schwarzes Kind oder Mädchen mit Kopftuch, dass ich Lehrer oder sogar Direktor einer Schule werden kann", sagt Bulayumi. Aktuell gebe es solche Vorbilder in den österreichischen Bildungseinrichtungen kaum: Kein einziger Direktor einer Wiener Pflichtschule habe seines Wissens dunkle Hautfarbe. (vis)