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Vorarlberg überholt Bund bei Transparenz

Von Karl Ettinger

Politik
Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) leitete am Dienstag erstmals anstelle des nun länger im Krankenstand befindlichen Landeshauptmanns Markus Wallner die Regierungssitzung.
© Matthias Dietrich

Schwarz-Grün hat im Ländle die Weichen für gläserne Parteikassen gestellt, im Parlament verhandelt die Koalition noch.


Auf Bundesebene verhandelt die türkis-grüne Koalition gerade mit der SPÖ über ein neues, strengeres Gesetz zur Parteienfinanzierung. Die beiden Landesparteien in Vorarlberg, die auch dort eine Koalitionsregierung bilden, sind da schon weiter. Ein Gesetz für frisch polierte gläserne Parteikassen ab 2023 ist fertig, wie der "Wiener Zeitung" in Bregenz bestätigt wurde. Jetzt geht es noch darum, eventuell alle Parteien, also auch FPÖ, SPÖ und Neos, für einen All-Parteien-Antrag zu gewinnen.

In Wien auf Bundesebene tickt die Uhr unüberhörbar. Bis spätestens kommenden Dienstag soll mit der SPÖ, deren Zustimmung für eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, eine Einigung erzielt werden. ÖVP und Grüne haben jeweils versichert, dass ein neues, strengeres Gesetz über die Parteienfinanzierung samt mehr Rechten für den Rechnungshof noch im Juli beschlossen wird. Vorarlberg kann da durchaus Vorbild für den Bund sein.

In Vorarlberg haben die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne gerade ein Transparenzpaket fertiggestellt, das am kommenden Mittwoch vor der Sommerpause in den Landtag eingebracht wird und im Oktober für die Landesparteien beschlossen werden soll.

Konsequenzen aus der ÖVP-Wirtschaftsbund-Affäre

Damit zieht die schwarz-grüne Koalition im Ländle Konsequenzen aus den Vorwürfen gegen den ÖVP-Wirtschaftsbund, der unter anderem zu wenig Steuer für Inserateneinnahmen gezahlt haben soll. Die Vorkommnisse in der ÖVP-Teilorganisation haben auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), der seit der Vorwoche wegen gesundheitlicher Überlastung einen mehrwöchigen Krankenstand angetreten hat, unter Beschuss gebracht.

"Es geht um völlig gläserne Parteikassen", betont die grüne Klubchefin Eva Hammerer. Sie erläutert, dass alle Parteien im Landtag zustimmen dürften, also auch FPÖ, SPÖ und Neos, wenn es nicht sogar einen gemeinsamen Antrag aller Parteien in der Frage gibt.

In Vorarlberg kommt, was der Rechnungshof selbst auch für den Bund vorgeschlagen hat: Das Kontrollorgan wird direkt in die Parteifinanzen Einblick nehmen dürfen und das nicht erst bei einem Verdacht auf etwaige Unregelmäßigkeiten, wie das auf Bundesebene in Diskussion ist.

Weiters müssen die Landtagsparteien jährlich einen Rechenschaftsbericht über die Parteifinanzen samt Geldzuflüssen und Ausgaben auch aller Teilorganisationen bis hinunter zur Gemeindeebene auf die Homepage stellen. Je nach Ausmaß des Vergehens sind bei Nichteinhaltung der Regeln darüber hinaus Strafen vorgesehen.

Kostenobergrenze für Wahlkämpfe

Für Wahlkämpfe gibt es in Vorarlberg künftig eine Kostenobergrenze. Auch über die Ausgaben und Finanzierung des Wahlkampfes müssen die Ländle-Parteien künftig berichten. Außerdem wird die Zahl der Großplakate mit 300 begrenzt. Die nächste reguläre Landtagswahl in Vorarlberg ist im Herbst 2024 fällig.

"Für uns ist das ein riesengroßer Erfolg", sagt die grüne Klubobfrau. Denn ihre Partei habe erstmals bereits 1989, also vor 33 Jahren, dazu einen Antrag gestellt.

Im Parlament in Wien haben ÖVP und Grüne am Wochenende zugesichert, dass ein strengeres Parteiengesetz noch Anfang Juli vor der Sommerpause des Nationalrats beschlossen werde. Noch ist das aber nicht fix. Denn die Regierungsparteien müssen dafür die SPÖ bei Verhandlungen mit ins Boot holen, weil mit einer Zustimmung der FPÖ nicht gerechnet wird.

In Vorarlberg leitete am Dienstag erstmals Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) statt dem länger im Krankenstand befindlichen Landeshauptmann Wallner die Regierungssitzung. Danach ließ die Bildungslandesrätin mit der Ankündigung aufhorchen, dass Vorarlberg bei den Sommerschulen eine ganztägige Variante in den beiden letzten Wochen der Sommerferien erproben werde. Sonst ist der Regelfall eine halbtägige Sommerschule.

In zwei Gemeinden, Altach und Höchst, wird die ganztägige Form heuer erprobt. Möglicherweise kommen noch weitere Gemeinden in Vorarlberg dazu. Personal gibt es laut Schöbi-Fink genügend.

Überschattet wird das alles aber vom interimistischen Rückzug des Landeshauptmannes wegen Überlastung. Nicht alle im Ländle glauben offenbar, dass er nur aus gesundheitlichen Gründen eine Auszeit nimmt. Manche seien der Meinung, er wolle damit durch die Affäre um den ÖVP-Wirtschaftsbund durchtauen. Er selbst glaube das nicht, erzählt der Gast in einem Ausflugslokal in Lustenau. Der Mann ist Pensionist und wie seine Tischgenossen mit dem Rad aus dem nahen Diepoldsau gekommen, wo täglich der Grenzverkehr zwischen Österreich und der Schweiz mitten im Ortsgebiet staut. Das Image vom Muster-Ländle, wo auch in der Politik alles sauber ist, hat durch die Vorwürfe rund um Inserate in der Wirtschaftsbund-Postille kräftige Kratzer erlitten.

Wirtschaftsbund-Vizechefin will Prüfungen abwarten

Vor Mauscheleien sei man nicht gefeit, lautet der Befund. "Früher war’s Freunderlwirtschaft, heute sagt man Korruption", formuliert der Mann im Gastgarten im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Die Vizechefin im Vorarlberger Wirtschaftsbund, Christine Schwarz-Fuchs, die im ersten Halbjahr 2022 Bundesratspräsidentin war, beschwichtigt im inoffiziellen Landesmedium, in den "Vorarlberger Nachrichten", auf die Frage, ob das Bild, dass die Partei durch die Affäre abgebe, der ÖVP überhaupt würdig sei: "Wir müssen die Prüfungen abwarten, damit wir wissen, was Fakt ist." Zumindest bezüglich gläserner Parteikassen hat Schwarz-Grün in Vorarlberg nicht so lange warten wollen, wie das nun paktierte Maßnahmenpaket zeigt.