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Höchstgerichtsurteil zur Beamtenversicherung seit 2019 ignoriert

Von Karl Ettinger

Politik

Die Besetzung der Versichertenvertreter ist noch immer nicht repariert. Das Sozialministerium verhandelt noch mit der ÖVP.


Die Aufräumarbeiten nach den Flurschäden, die die türkis-blaue Bundesregierung und Ex-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein mit dem Durchboxen der Sozialversicherungsreform hinterlassen haben, halten auch die amtierende Regierung von ÖVP und Grünen noch auf Trab. Konkret geht es um eine Bestimmung, die der Verfassungsgerichtshof im Dezember 2019 aufgehoben hat. Die Besetzung der Versichertenvertretung in der seit 2020 mit jener der Eisenbahner fusionierten Versicherung für Beamte (BVAEB) wurde damit seit immerhin zweieinhalb Jahren nicht gesetzlich neu geregelt.

Das könnte auch für die jetzigen Versichertenvertreter weitreichende Folgen haben, wie von Expertenseite hingewiesen wird. Für Beschlüsse könnte "rechtlich kritisch" werden, ob Rechtsakte die von diesen gesetzt werden, obwohl sie nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gar nicht mehr im Amt sein dürften, gültig sind, wie der "Wiener Zeitung" erklärt wurde. Die Höchstrichter haben die Besetzung durch das Sozialministerium aufgehoben, weil es sich bei diesen nicht um Vertreter der grundsätzlich laut Verfassung selbstverwalteten Sozialversicherung handelt.

Im zuständigen Sozialministerium, das nun von Johannes Rauch (Grüne) geführt wird, wurde ebenso wie in der Beamtenversicherung bestätigt, dass die entsprechende Bestimmung unter jenen Punkten war, die der Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung der Sozialversicherungsreform 2019 aufgehoben hat. Beide stellten darüber hinaus eine baldige Neuregelung in Aussicht.

Nötig ist dafür eine gesetzliche Reparatur durch das Parlament. Darauf wurde am Montag ausdrücklich seitens der Beamtenversicherung (BVAEB) hingewiesen: "Eine Neufassung seitens des Nationalrates steht bis dato aus. Damit ist eine Nachbesetzung von VersicherungsvertreterInnen in den Gremien der BVAEB nicht möglich", wurde auf Anfrage in einer schriftlichen Stellungnahme mitgeteilt.

Sozialministerium schiebt Schuld auf die ÖVP

Weiters wurde betont: "Derzeit ist allerdings eine Beschlussfähigkeit in den Gremien der BVAEB gegeben." Ob Beschlüsse damit aber auch letztlich gültig bleiben, bleibt für Experten fraglich. Die Beamtenversicherung zeigte sich nach zweieinhalb Jahren Warten ohne Ergebnis aber hoffnungsfroh: "Wir stehen jedoch in Erwartung einer baldigen Neuregelung, damit dies auch für die Zukunft sichergestellt ist."

Wie eifrig das Sozialministerium nach einer Lösung sucht, geht aus dessen Stellungnahme hervor. "Das BMSGPK ist darum bemüht, die durch die Aufhebung des Verfassungsgerichtshofs entstandene Gesetzeslücke zu schließen. Wir sind daher in engem Austausch mit dem Koalitionspartner, um hier rasch eine verfassungskonforme Lösung zu finden, die das Wohl der Versicherten der BVAEB, die günstige Fortentwicklung sowie die Handlungsfähigkeit des Versicherungsträgers nachhaltig sicherstellt."

Damit deutet das Sozialressort an, dass es vor allem am Koalitionspartner ÖVP liegt, warum das Höchstgerichtsurteil seit Ende 2019 ignoriert wurde.

Folgen auch für die Dachorganisation

Hintergrund dafür dürfte sein, dass eine Neubesetzung in der Beamtenversicherung über diese hinaus Konsequenzen in der Sozialversicherung hat. Davon sind auch das Quorum und damit die Machtverhältnisse in der Dachorganisation der Sozialversicherungen betroffen. Die Arbeitgebervertretung, über die die FPÖ auch drei Jahre nach dem Ende von Türkis-Blau noch mitredet, könnte an Einfluss verlieren.(ett)