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Diakonie fordert Komplettreform der Sozialhilfe

Politik

Die aktuelle Regelung schützt nicht vor einem sozialen Absturz, sie habe "ihre Aufgabe verfehlt".


Die sozialen Probleme werden größer. Und die schlechte Sozialhilfe kann sie nicht lösen, heißt es in einer Aussendung der Diakonie. "Die Teuerungs-Krise zeigt, wie wichtig jetzt eine gute Mindestsicherung wäre, statt einer schlechten Sozialhilfe, die Menschen in Existenznöten und Notsituationen nicht trägt", fordert Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk die Regierenden zu einem Neuanfang auf.

Die Problematiken reichen von geringeren Richtsätzen für Erwachsene und Kinder, der Anrechnung der Wohnbeihilfe bis hin zu fehlendem Unterhalt bei Menschen mit Behinderungen. "Diese 'Sozialhilfe' ist ein Rückschritt." Instrumente eines sozialen Auffangnetzes seien für Krisen gemacht, die aktuelle Teuerungskrise sei nun die Bewährungsprobe. "Wenn ein Regenschirm nicht den Regen abhält, wenn das Kletterseil nicht den Sturz abfängt, wenn der Bretterboden nicht stabil vor dem dunklen Keller schützt - wenn also Sozialhilfe gerade in der Krise nichts taugt, dann hat sie ihre Aufgabe verfehlt."

Menschen mit Behinderung müssen Eltern auf Unterhalt verklagen

Sowohl das Bundesgesetz als auch Ausführungsgesetze in den Ländern führen zu zahlreichen Problemen: Die "Wiener Zeitung" berichtete über geringe Kinderrichtsätze, das Wohnen in Notunterkünften, das die Sozialhilfe reduzierte oder Menschen mit humanitärem Bleiberecht, die in manchem Bundesländern überhaupt keine Unterstützung mehr erhielten.

Menschen mit Behinderungen können etwa gezwungen werden, ihre Eltern auf finanziellen Unterhalt verklagen zu müssen – auch wenn sie längst volljährig sind, erinnert Schenk an einen weiteren Misstand. "Wenn sich die Betroffenen weigern, wird die Leistung empfindlich gekürzt. Diese Regelung galt bisher nur in manchen Bundesländern, die neue Sozialhilfe zwingt diese schlechte Praxis jetzt allen auf", sagt der Sozialexperte der Diakonie.

Die türkis-grüne Regierung konnte sich bislang allerdings nur auf Gesetz einigen, wonach die Bundesländer dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz einige Giftzähne ziehen können, nicht müssen - und in Härtefällen Sozialhilfe gewähren oder von Kürzungen absehen können. Das Gesetz wurde Ende April im Nationalrat beschlossen, die Bundesländer habe für die Umsetzung sechs Monate Zeit Änderungen umzusetzen. Viele Missstände, darunter die geringen Richtsätze und Kürzungen über starre Prozentsätze für das Wohnen wurden allerdings ohnehin nicht angetastet. (mad)