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Kremser Verschnitt und eine Premiere mit 4.000 Wählern weniger

Von Karl Ettinger

Politik

In der Wachaustadt wird am 4. September gewählt: Ein Roter kämpft um die Vormacht im bürgerlichen Ambiente.


Im Hause Rosenkranz in Krems heißt es alles Wahlkampf. Volksanwalt Walter Rosenkranz, zuvor Klubobmann der FPÖ im Hohen Haus, träumt von einem Weg zum Bundespräsidentenamt mit der ersten Etappe am 9. Oktober. Ehefrau Susanne Rosenkranz muss als FPÖ-Spitzenkandidatin bei der Gemeinderatswahl in ihrer Heimatstadt schon früher ran. In der Statutarstadt Krems an der Donau wird bereits am letzten Tag der Schulferien in Ostösterreich, am 4. September, gewählt. Sie ist dabei die einzige weibliche Herausfordererin von Bürgermeister Reinhard Resch, mit dem die SPÖ 2017 satte 19 von 40 Mandaten im Gemeinderat geschafft hat.

Nicht nur das wahlkämpfende blaue Ehepaar ist eine Besonderheit. In der Wachaustadt sind knapp 20.000 Frauen und Männer in knapp einem Monat bei der Kommunalwahl stimmberechtigt. Das sind um immerhin rund 4.000 weniger als bei der letzten Gemeinderatswahl 2017. Der Grund dafür ist eine Änderung, die auf Landesebene vor dem Sommer im Landtag beschlossen wurde und auch bei der niederösterreichischen Landtagswahl in den ersten Monaten 2023 zum Tragen kommen wird. Wahlberechtigt sind nur mehr Einwohner, die ihren Hauptwohnsitz in der jeweiligen Gemeinde haben. Damit sollen vor allem Wiener, die einen zweiten Wohnsitz in Niederösterreich haben, sich zur Kommune außerhalb der Bundeshauptstadt bekennen. Außerdem sollen sie mit dem "Zuckerl" Wahlrecht davon abgehalten werden, dass sie Wien wegen des flächendeckenden Parkpickerls seit März dieses Jahres als Lebensmittelpunkt und Hauptwohnsitz angeben.

Acht Listen haben einen Wahlvorschlag für den 4. September eingebracht. Mitten im Sommer ist auch mittels Plakaten der Wahlkampf bereits voll angelaufen. Angerannt sind auch die politischen Gegner der SPÖ und von Bürgermeister Resch, weil dieser im Mai den Wahltermin für den letzten Sommerferientag festgelegt hat. Offiziell mit der Begründung eines kurzes Wahlkampfes und damit, dass der neue Gemeinderat wegen der Teuerung und anderer Krisenfolgen im Herbst rasch aktiv werden kann. Das Kalkül war aber auch, der ÖVP als zweitstärkster Fraktion, die mit Florian Kamleitner mit einem neuen Spitzenkandidaten in die Wahl geht, wenig Wahlkampfzeit zu lassen.

Es ist das letzte politische Rennen für SPÖ-Stadtchef Resch, Jahrgang 1955, der 2017 die Vormachtposition der Sozialdemokraten mit 46,1 Prozent noch ausbauen konnte. In einer bürgerlichen Stadt ist die SPÖ vor zehn Jahren stimmenstärkste Partei geworden. Jetzt möchte er es nicht nur noch einmal wissen, sondern sogar zulegen. Kritiker bezweifeln, ob das rote Zugpferd noch die vollen fünf Jahre im Amt sein wird. Die Hauptstoßrichtung der Gegner, allen voran der ÖVP, richtet sich gegen den "Stillstand" in der Kommunalpolitik. Die ÖVP hält bei 26,7 Prozent, die FPÖ bei 15 Prozent, vor den Grünen mit 3,6 Prozent rangiert noch die Kremser Linke Stadtbewegung mit 5,3 Prozent. Die Liste Pro Krems als bisher sechste Fraktion im Gemeinderat probiert es dieses Mal mit den Neos.

Verkehrte Situation zur Landespolitik

Bemerkenswert ist die politische Ausgangslage in Krems auch mit Blick auf die Landtagswahl in einem halben Jahr. Während in der bürgerlichen Stadt am Eingang zur Wachau die Roten mit Bürgermeister Resch das Sagen haben, hält auf Landesebene die ÖVP mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner seit Jänner 2018 eine hauchdünne absolute Mehrheit, die SPÖ mit Vizelandeshauptmann und Landeschef Franz Schnabl ist gerade einmal halb so stark. Umfragen signalisieren auch keine wirklichen Zuwächse für Schnabl, der in der Vergangenheit kein Hehl daraus gemacht hat, dass er dem Kurs von Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil etwa beim Grenzschutz gegen illegale Flüchtlinge viel abgewinnen kann.

Wie in ganz Österreich stöhnt ein beträchtlicher Teil der 20.000 Wahlberechtigten darunter, dass das tägliche Leben heuer innerhalb weniger Monate seit dem Kriegsbeginn Ende Februar in der Ukraine viel teurer geworden ist. Wie viele andere Städte kämpfen die Kremser auch mit dem Umstand, dass günstige Wohnungen knapp sind und Wohnen kostspielig ist. Dazu kommen Klima- und Verkehrspolitik mit dem Kampf gegen die Verbauung im grünen Umland und den Auswirkungen des Verkehrs vor allem an der Bundesstraße 3 parallel zur Donau direkt am Stadtrand. Die Grünen verknüpfen das wie auch in anderen Weinregionen mit der Wahlkampfparole, man solle das Klima "für unseren Veltliner" retten. Fest steht jedenfalls, es wird ein Wein in der Wachaustadt sein – auch nach dem 4. September.