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Ein Feiertag für Steuerzahler und unerwünschte Befindlichkeiten

Von Karl Ettinger

Politik

Die Regierung sieht die Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung ab 2023 als Dauerlösung.


So fidel erlebt man Vizekanzler Werner Kogler nicht alle Tage. Oft kiefelt der Grünen-Chef daran, dass die SPÖ als größte Oppositionspartei umfangreiche Maßnahmenpakete der Bundesregierung kleinredet und seiner Partei die Schuld in die Schuhe schiebt. "In der Tat, es sind historische Schritte gelungen", frohlockt Kogler. Der Ministerrat hat am Mittwoch zuvor nicht nur die von Vorgängerregierungen angekündigte, aber nie durchgeführte Abschaffung der kalten Progression ab 2023 beschlossen. Als Draufgabe kam die von den Grünen herbeigesehnte Valorisierung der Sozialleistungen dazu.

Kogler ist gar nicht zu bremsen: "Diese Regierung macht’s. Wir machen’s." Da dauern die Ausführungen des Vizekanzlers gleich einmal doppelt lang so wie jene von Bundeskanzler Karl Nehammer. Der Regierungschef hat davor in einfachen Worten dargelegt, was hinter dem Bürokraten-Deutsch steckt: "Die kalte Progression ist die schleichende Steuererhöhung." Die nun beschlossene Abschaffung "heißt, dass tatsächlich mehr bleibt vom Lohn". Konkret rutschen Steuerzahler bei Lohnerhöhungen nicht mehr automatisch in eine höhere Steuerstufe, weil die Steuergrenzen dafür angehoben werden.

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Im kommenden Jahr bleiben der Bevölkerung damit in Summe nach Regierungsberechnungen 1,8 Milliarden mehr in der Geldbörse. 2024 sollen es dann bereits 4,3 Milliarden Euro sein. 4,5 Millionen Arbeitnehmer, 2,5 Millionen Pensionisten und 500.000 Selbständige profitieren demnach von diesem Entlastungspaket. Praktisch ein Feiertag für Steuerzahler, der eben auf den 14. September fällt.

Was die Neuregelung dem Einzelnen bringt

Zwar wird das Ende der schleichenden Steuererhöhung nicht mittels Verfassungsgesetz einzementiert. Die amtierende Koalitionsspitze ist aber überzeugt, dass keine Nachfolgeregierung das antasten und das Rad der Zeit zurückzudrehen wird, sondern dass es sich um eine Dauerregelung handelt. "Das heißt, es ist nachhaltig", formuliert er stolz. Er will es als Beweis verstanden wissen, dass ÖVP und Grüne gut arbeiten und er als Regierungschef auch etwas weiterbringt. Jede Nachfolgeregierung werde sich schwertun, das rückgängig zu machen.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) kommt in dem Quartett beim Pressefoyer nach dem Ministerrat die Rolle zu, das mit Zahlen zu untermauern: "Wirklich eine historische Reform." Nur 26 Stellungnahmen seien eingelangt, was er als Beweis dafür sieht, wie gut dieses Regierungsvorhaben ist. Ein Beispiel: Ein Pensionist mit 1.582 Euro brutto im Monat erspare sich 2023 dann 371 Euro an Steuern, bis 2026 seien es insgesamt 3.771 Euro.

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer, dieses Mal ohne ihren ständigen Begleiter ÖVP-Klubobmann August Wöginger, ist die Vierte im Bunde. Sie darf nochmals ausdrücklich hervorstreichen, dass die jährliche Valorisierung der Sozialleistungen ein "wichtiger Beitrag, was den Zusammenhalt in der Gesellschaft" betrifft, sei. Danach zählt sie auf, welche staatlichen Leistungen ab 2023 automatisch jährlich an die jeweilige Inflation angepasst werden. Bezieher erleiden damit keinen Wertverlust mehr. Es gilt dies für Familienbeihilfen, Kinderbetreuungsgeld, Mehrkindzuschlag und steuerlichen Kinderabsetzbetrag, weiters für Krankengeld; Rehabilitationsgeld, Wiedereingliederungsgeld, Umschulungsgeld und Studienbeihilfen. Bei Pflegegeld und Sozialhilfe gilt die Anpassung bereits.

Der Fluch des mit Getöse erfolgten Abgangs von Laura Sachslehner als ÖVP-Generalsekretärin verfolgt den ÖVP-Chef zumindest mit lästigen ORF-Journalistenfragen bis ins Kanzleramt. Nehammer will sich dadurch diesen Tag aber nicht vermiesen lassen.

Ex-Generalsekretärin und "echte Herausforderungen"

Man habe sich im Ministerrat mit den "echten Herausforderungen" für die Menschen beschäftigt, sagt er ausweichend. Sachslehner hat ihren Rücktritt mit einem Seitenhieb auf den Obmann begründet, weil eine ÖVP, die für einen Klimabonus für Asylwerber sei, nicht ihre Werte vertrete. Das bietet Gelegenheit für eine Nachfrage. Es handle sich um eine "ehemalige Generalsekretärin", betont er, man müsse sich hier nicht mit "Parteibefindlichkeiten" aufhalten. Damit wischt Nehammer das unerwünschte Thema weg.

Andere unerquickliche Punkte kommen nicht mehr zur Sprache: das Ausbleiben des Gehaltszuschusses für Pflegekräfte, der Ärger in Tiroler ÖVP, dass Kogler der Landjugend Corona-Fördergelder wieder abknöpfen will. Davor wird das Pressefoyer beendet.