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Unterschiedliche Wahrheiten um das Budget 2023

Von Karl Ettinger

Politik

Erste Debatte im Hohen Haus: Opposition geißelt bloßes Geldausgeben, Koalition wehrt sich gegen "populistische" Angriffe.


Es scheinen zwei völlig verschiedene Dinge zu sein, von denen Regierungsparteien und Opposition reden, wenn es um den Budgetvoranschlag 2023 im Nationalrat geht. ÖVP und Grüne sehen darin "historische Maßnahmen", für die Opposition ist "Geldausgeben allein kein Rezept". Damit prallten am Donnerstag in der sogenannten Ersten Lesung im Parlament die Ansichten frontal aufeinander. Der Schlusspunkt wird am 17. November mit dem Beschluss des Budgets 2023 im Hohen Haus gesetzt.

"In Krisenzeiten muss der Staat helfen und das Notwendige zur Verfügung stellen", hebt ÖVP-Klubobmann August Wöginger als erster Redner an einem langen Parlamentstag mit 26 Tagesordnungspunkten an. Das sind fast jene Worte, die Finanzminister und ÖVP-Kollege Magnus Brunner tags zuvor in der Budgetrede verwendet hat, der nun demütig auf der Regierungsbank die Debatte verfolgt. Brunners Budget sieht ein Defizit für 2023 von 17 Milliarden Euro vor. Begleitet jeweils von heftigem Applaus aus den ÖVP-Reihen zählt Wöginger derweil die Entlastungen durch ökosoziale Steuerreform und Abschaffung der kalten Progression, der schleichenden Steuererhöhung bei Lohnerhöhungen auf, was er als "ehrliche Politik" selbst lobt.

SPÖ: "Geldausgeben ist kein Rezept"

Aus dem Munde von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kommt danach Kritik. Sie hat eine ganz andere Sicht der "Wahrheit" als Wöginger. "Geldausgeben allein ist kein Rezept", schleudert sie dem Finanzminister und der Koalition entgegen. Für die Menschen ändere sich damit aber bei den Preisen nichts. Sie endet noch drastischer: "Eigentlich sollten Sie sich bei der Bevölkerung für dieses Budget entschuldigen."

Damit nimmt die Budgetdebatte eine unerwartete Wendung, denn nun zieht Rendi-Wagner ebenso viele Giftziele von FPÖ und Grünen auf sich. "Jeder weiß, dass Sie der Meister der Gießkanne sind", wirft Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) der früheren Kanzlerpartei SPÖ vor. Die SPÖ sei auch mitschuldig, dass es keine budgetären Spielräume gebe. Die blaue Attacke gipfelt in dem ironischen Sager von Fuchs: "So wie es kein Asylproblem gibt, sind Sie auch nicht von der SPÖ." Dagegen nimmt sich die Kritik, dass die Regierung das Geld angeschafft habe, fast harmlos aus.

Neos vermissen Föderalismus- und Pensionsreform

"Ich traue meinen Ohren nicht ganz", setzt die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer gleich nahtlos gegen die SPÖ-Vorsitzende fort. Seit Beginn der Krisen mit der Pandemie vor zweieinhalb Jahren seien der SPÖ die Maßnahmen der Regierung allesamt zu wenig gewesen. "Und jetzt kommt das Budget, und jetzt ist es plötzlich zuviel", sagt sie. Dabei müssten die Grünen nun in der Regierung auch noch den "energiepolitischen Scherbenhaufen" früherer SPÖ-Regierungsbeteiligungen aufräumen, ergänzt Maurer.

Neos-Finanzsprecherin Karin Doppelbauer kehrt dann mit ihrer Kritik zur Regierung und zum Finanzminister zurück, dem sie beim Budget 2023 "Strukturkonservativismus" und mehr "Koste es, was es wolle" bescheinigt. Wie Experten vermisst sie eine Föderalismus- und eine Pensionsreform. "Das, was wir jetzt sehen, ist, dass das Budget ein schwerer Schicksalsschlag für Österreich ist", beklagt die Neos-Mandatarin.

Strompreisbremse wird beschlossen

Während über das Budget nur debattiert wird, steht später am Donnerstag noch ein wichtiger Beschluss am Programm. ÖVP und Grüne stellen damit die Weichen für einen Stromschlag für die Österreicher. Die Strompreisbremse wird damit gezogen, von der die Kunden im Dezember profitieren sollen.

Bei der dazugehörigen Plenardebatte signalisierten neben der Koalition auch SPÖ und FPÖ ihre Zustimmung. Einzig die Neos lehnten das Modell mangels Treffsicherheit ab. Im Wesentlichen sieht die Bremse vor, dass Strom bis zu 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs staatlich subventioniert wird. Das heißt, bis zu einem Verbrauch von 2.900 kWh Strom pro Jahr wird der Preis vom Bund gestützt. Der entsprechende Zuschuss kommt, wenn der untere Schwellenwert von 10 Cent/kWh überstiegen wird. Jener Preisanteil, der darüber liegt, soll bis zu einem oberen Schwellenwert von 40 Cent/kWh gefördert werden.

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In einem weiteren Schritt ist laut Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorgesehen, dass Haushalte mit mehr als drei Personen ein Zusatzkontingent erhalten. Ferner sollen einkommensschwache Haushalte zusätzlich zum Stromkostenzuschuss einen Netzkostenzuschuss in der Höhe von 75 Prozent erhalten, wobei die jährliche Höhe mit 200 Euro begrenzt ist. Anspruchsberechtigt sollen jene Haushalte sein, die auch von der GIS-Gebühr befreit sind.

Grünen-Umweltsprecher Lukas Hammer argumentierte die kostspielige Hilfe damit, dass die Strompreise verrückt gespielt hätten. Daher habe man entschlossen und schnell handeln müssen. Wichtig sei ihr gewesen, dass die Zuwendung ohne Antrag komme, damit sie schnell umgesetzt werden könne, meinte Gewessler. Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger würdigte folgerichtig, dass die Maßnahme nicht nur treffsicher und sozial gerecht, sondern auch unbürokratisch gestaltet sei.

SPÖ und FPÖ dafür, Neos dagegen

Im Wesentlichen nichts auszusetzen hatte die SPÖ. Doch nahm man die Debatte zum Anlass, in Person von Energiesprecher Alois Schroll einmal mehr einen Gaspreis-Deckel zu fordern. Die Freiheitlichen hätten gerne weitergehende Maßnahmen gehabt. So sprach sich der Abgeordnete Erwin Angerer dafür aus, Behinderte, die auf stromintensive Assistenz angewiesen sind, stärker zu entlasten. Integriert werden müssten auch Haushalte, die über keinen gesonderten Stromliefervertrag verfügen.

Ablehnung kam von Neos-Mandatarin Karin Doppelbauer, die sich die Bremse nur für Einkommensschwache gewünscht hätte. Die jetzige Regelung rege nicht zum Sparen an, sei teuer und vollkommen ineffizient. Dabei bezog sie sich auch auf das Faktum, dass der Strom selbst in Nebenwohnsitzen subventioniert werde.

Hinweis: Der Artikel wurde um 13.50 aktualisiert.