Zum Hauptinhalt springen

Sparen bleibt das künftige Budgeträtsel

Von Karl Ettinger

Politik

Fiskalratspräsident Badelt kritisiert Hilfe als "Gießkanne für alle ". Kein Schuldenabbau ohne Gegenfinanzierung.


Der nicht einmal ein Jahr im Amt befindliche Finanzminister reagierte wie ein alter schlauer Fuchs. Auf einen Zeitpunkt, wann in Österreich künftig wieder ein Nulldefizit als Ziel ausgerufen werde, legte sich der Vorarlberger Magnus Brunner in der "ZiB2" am Mittwoch, dem Tag seiner ersten Budgetrede, nicht fest. Bis zum Ausbruch der Pandemie mit Lockdown im März 2020 galt die ÖVP-Maxime des Erreichens des Nulldefizits und sogar eines Budgetüberschusses. Nach Corona-Krise, Wirtschaftseinbruch, Ukraine-Krieg und Rekordteuerung wächst der Schuldenberg des Staates auf 367 Milliarden Euro rasant. Allein 2023 wird das Defizit im Staatshaushalt laut Voranschlag bei 17 Milliarden Euro liegen.

"2023 wird voraussichtlich auch ein Krisenjahr, insofern bin ich nicht so irrsinnig kritisch", erläutert der Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Im Hinblick auf die Krise würde ich es schon als akzeptabel ansehen", urteilt er. Das Problem sei freilich, dass man Schulden aufbaue, man müsse dann auch wieder runter von den Schulden kommen. Der "Pferdefuß" sei, dass dafür eine Gegenfinanzierung notwendig sei.

Wie der oberste Wächter der Staatsschulden drängen Wirtschaftsforscher und Finanzexperten vor allem auf strukturelle Reformen im Budget, um einerseits Einsparungen einzuleiten und damit andererseits finanzielle Spielräume für andere Schwerpunkte wie Bildung oder die stark steigenden Kosten im Gesundheitswesen und im Pflegebereich sowie zur Einhaltung der Klimaziele freizubekommen. Einmalzahlungen, wie sie auch im 28-Milliarden-Paket zur Abfederung der enorm hohen Teuerung von der Bundesregierung beschlossen wurden, bereiten hingegen den Wirtschaftsexperten grundsätzlich weniger Kopfzerbrechen, während die SPÖ als größte Oppositionspartei regelrecht dagegen Sturm läuft. Wenn Betroffenen einmalig vom Staat im täglichen Leben über die Runden geholfen wird, wirkt sich das eben auch nur einmal mit einem spürbar tieferen Loch auf das Bundesbudget aus und nicht nachhaltig.

Einmalzahlung mit einem Haken

Der Fiskalratspräsident merkt allerdings ausdrücklich an, dass die Maßnahmen zur Bewältigung der Preissteigerungen "fokussiert" erfolgen sollten. Es solle "nicht mit der Gießkanne für alle" Einmalzahlungen und Leistungen geben. Die Berücksichtigung des Einkommens vermisst er bei dem erst am Donnerstag im Nationalrat von ÖVP und Grünen beschlossenen Strompreisdeckel, von dem alle Haushalte profitieren. Aber auch bei dem auf 500 Euro erhöhten Klimabonus als Teuerungsausgleich.

Finanzminister Brunner ist derartiger Kritik in seiner Budgetrede mit der Aussage begegnet: "Lieber verteilen wir ein paar Feuerlöscher zu viel, bevor wir einen verheerenden Flächenbrand riskieren." Von Expertenseite wird ihm jedoch entgegengehalten, dass sich der Staat mit einer Differenzierung mit sozialem Ausgleich bei der Strompreisbremse, die Anfang Dezember ausgezahlt wird, einen ordentlichen Teil der geplanten Ausgaben von drei bis vier Milliarden Euro ersparen würde. Worauf von Regierungsseite wiederum entgegengehalten wird, dass dies die Bürokratie erheblich vergrößern und die Auszahlung verzögern würde.

ÖVP und Grüne haben mit der jährlichen Valorisierung der Sozialleistungen und der Abschaffung der kalten Progression zwar Geld für Betroffene lockergemacht. Gleichzeitig haben sie dem Finanzminister einen noch schwereren Rucksack, den er künftig ständig bei jedem Budget mitschleppen muss, mit auf den ohnehin steinigen Weg gegeben.

Badelt hat am Freitag der Vorwoche mit seinem launigen Sager bei einer Tagung der Denkwerkstatt in St. Lambrecht in der Steiermark das Dilemma auf den Punkt gebracht: "Ich möchte nicht in fünf Jahren Finanzminister sein." Nachgeschickt hat er dort allerdings außerdem, dass er auch jetzt nicht Finanzminister sein wolle.

Unpopuläre Pensionseingriffe

Sparen ist derzeit das Wort, das niemand in der Politik in den Mund nimmt. Bei der Gegenfinanzierung bleiben künftige Einsparungen das große Rätsel. Einschnitte oder ein Durchforsten des Milliardendschungels an Förderungen für Wirtschaft und Bauern sind ebenso unpopulär wie längerfristig wirkende Reformen speziell bei den Pensionen. Zu diesen muss der Bund aus dem Budget in Summe mit den Beamtenpensionen bereits circa 25 Milliarden an Zuschüssen beisteuern.

Wie wenig sich die Regierung und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) da dreinreden lassen wollen, beweist allein der Umstand, dass der seit Jahresbeginn verwaiste Vorsitz der Alterssicherungskommission vakant ist. Das Expertengremium der Regierung ist nach dem Abgang aus Protest des unbequemen Mahners und langjährigen Ex-Sektionschefs Walter Pöltner einfach nicht nachbesetzt worden.