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Asyl-Diskussionen von Parndorf bis Brüssel

Politik
Tausende Asylsuchende kommen täglich in der EU an, bei ihrer Verteilung hakt es auf EU-Ebene genauso wie innerhalb Österreichs.
© reuters / Yiannis Kourtoglou

Bund und Länder einigen sich auf höhere Tagessätze für die Betreuung vulnerabler Flüchtlingsgruppen.


Gemeinden wehren sich gegen Zelte, Teile der ÖVP stoßen sich an der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die FPÖ fordert einen kompletten Aufnahmestopp für Asylwerber. An Emotionen fehlt es in der aktuellen Asyldebatte nicht, sehr wohl aber an Lösungen. Denn nach wie vor streiten Bund und Länder über Kosten und Quartierplätze für Menschen in der Grundversorgung. Für die Landesflüchtlingsreferenten der Bundesländer gab es bei einer Konferenz im burgenländischen Parndorf am Freitag also allerhand zu besprechen.

Gewisse Einigungen konnten immerhin erzielt werden. Die aktuellen Tagessätze, die für die Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung stehen, würden nicht mehr der Kostenrealität entsprechen, sagte etwa die burgenländische Landesrätin Daniela Winkler. Quartiergeber sollen künftig zumindest für die Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen und Geflüchteten mit Behinderung oder Pflegebedarf mehr Geld bekommen. Darauf habe man sich auch mit dem Bund einigen können. Die Länder können sich ein solches Realkostenmodell auch für andere Asylsuchende vorstellen, dazu sind noch weitere Gespräche geplant. Eine Einigung gab es außerdem auf eine Anhebung der Zuverdienstgrenze für ukrainische Vertriebene: Diese sollen künftig 142 statt 110 Euro verdienen dürfen, ohne aus der Grundversorgung zu fallen.

Forderungen der Länder gehen auseinander

Dennoch bleiben zahlreiche Baustellen in der Flüchtlingsversorgung offen, Forderungen und Wünsche der Länder gehen dabei oft auseinander. In den Ländern mit besonders hohen Mietpreisen - konkret geht es um Wien, Tirol und Vorarlberg - wünscht man sich auch bei der Miete von Flüchtlingsunterkünften ein Realkostenmodell. Von anderen Bundesländern wird das vehement abgelehnt. Oberösterreich will indes Möglichkeiten schaffen, straffällig gewordenen Asylberechtigten ihren Status leichter entziehen zu können. Und Wien spricht sich für eine monatliche Mobilitätsunterstützung für Geflüchtete aus, anstatt mit viel Verwaltungsaufwand Einzelfahrscheine an Asylsuchende auszugeben.

Verteilungsprobleme auch auf EU-Ebene

Und dann bleibt das Dauerthema Flüchtlingsunterkünfte. Bereits im Oktober hatte Innenminister Gerhard Karner die Bundesländer aufgefordert, mehr Quartiere zur Verfügung zu stellen, da die Unterkünfte des Bundes an ihre Grenzen stießen. Grundsätzlich ist der Bund für die Unterbringung Geflüchteter nur verantwortlich, während geprüft wird, ob Österreich für den Asylantrag zuständig ist, dann übernehmen die Länder. Doch auch rund sechs Wochen nach Karners Appell funktioniert die Verteilung nicht. Nur Wien und das Burgenland erfüllen die vor Jahren mit dem Bund vereinbarten Quoten zur Unterbringung von Menschen in der Grundversorgung.

Das Tauziehen um die Aufnahme und Verteilung von Migranten geht ebenfalls auf EU-Ebene weiter. Tschechien, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, hatte für Freitag ein Sondertreffen der Innenminister einberufen - und auch der österreichische Ressortchef reiste mit ein paar Wünschen nach Brüssel. So hätte Wien gern ein Pilotprojekt für Asylverfahren in EU-Ländern an der Außengrenze der Union sowie eine "Zurückweisungsrichtlinie". Diese soll Einzelfallprüfungen überflüssig machen, wenn ein Asylantrag von vornherein aussichtslos erscheint. Außerdem plädiert Österreich für mehr EU-Mittel für Auslandseinsätze von Polizisten, die etwa an der ungarisch-serbischen Grenze Dienst versehen.

Westbalkan-Route wieder im Fokus

Die Westbalkan-Route, den derzeit aktivsten Migrationsweg, will Wien überhaupt verstärkt in den Fokus rücken. Zwar war es bei der EU-Sitzung am Freitag die Mittelmeerroute, die im Mittelpunkt stand, doch will die EU-Kommission schon bald einen Aktionsplan für den Westbalkan erarbeiten. Das kündigte Innenkommissarin Ylva Johansson an. Gleichzeitig verwies sie auf den von der Brüsseler Behörde vorgeschlagenen Asyl- und Migrationspakt, der seit zwei Jahren auf dem Tisch liegt. Denn, wie die Kommission immer wieder betont, die Migration sei ein gemeinsames Thema, das die Länder gemeinsam behandeln müssen.

Darauf verwies auch der tschechische Innenminister, Vit Rakusan. Doch zeigte er ebenso Verständnis dafür, dass die einzelnen Staaten nun aktuell nach jeweils eigenen Lösungen suchen. Die "Sichtweise der Länder" sollte eben bei dem Sondertreffen dargelegt werden.

Ein Aktionsplan soll vor dem Balkangipfel am 6. Dezember vorliegen, konkretisierte EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas nach dem Sonderrat. Karner erwartet fünf konkrete Maßnahmen und lehnt die Schengen-Erweiterung weiter ab: "Aus jetziger Sicht kann ich mir diese Erweiterung nicht vorstellen." (czar/vis)