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DNA auf der Tatwaffe

Politik

Dritter Verhandlungstag im Terrorprozess, mögliche Komplizen des Attentäters sagten aus.


Wäsche zum Aufhängen, und ein Shoppingtrip nach Bratislava. Auf den ersten Blick waren es banale Themen, die am dritten Verhandlungstag im Wiener Terrorprozess im Zentrum der Befragungen standen. Doch wie bereits vergangene Woche galt es am Wiener Straflandesgericht zu klären, inwieweit sechs mögliche Komplizen des Attentäters vom 2. November 2020 in dessen Pläne eingeweiht waren und welche Rolle sie in den Vorbereitungen des Attentats gespielt haben.
Der Prozesstag begann mit der Einvernahme des 23-jährigen Erstangeklagten, der K.F., den späteren Attentäter, im Juli 2020 mit dem Auto nach Bratislava gebracht hatte. Dort hatte dieser vergeblich versucht, Munition für sein Sturmgewehr zu kaufen. Denn Grund der Fahrt habe er nicht hinterfragt, gab der Angeklagte an. Er sei in seinem Bekanntenkreis der Einzige mit Führerschein gewesen und habe sich ständig als Fahrer angeboten, weil er "autofahren und angeben" wollte. K.F. hatte er nur einmal gesehen, bevor dieser ihn bat, ihn in die Slowakei zu fahren. Eigentlich wollte der Erstangeklagte, wie er aussagte, in Parndorf shoppen gehen, doch K. habe ihn überredet, zu einem Einkaufszentrum in Bratislava zu fahren. Dort angekommen mussten die beiden feststellen, dass die meisten Geschäfte coronabedingt geschlossen waren. K.F. suchte dennoch ein Jagdgeschäft auf.

Handy zurückgesetzt und versteckt

Von da an unterscheidet sich die ursprüngliche Aussage des Angeklagten kurz nach dem Attentat deutlich von seiner Darstellung am Dienstag: Hatte er vor rund zwei Jahren noch angegeben, er hätte den versuchten Munitionskauf mitbekommen, erinnerte er sich am Dienstag: Er habe keine Maske bei sich gehabt und daher das Geschäft nicht betreten dürfen. Im Anschluss seien die beiden jedenfalls wieder zurück nach Wien gefahren, K.F. hätte nur gemeint, er hätte nichts gekauft und den Besuch im Jagdgeschäft hinuntergespielt.

Skeptisch machte Richter und Staatsanwältin die Tatsache, dass der Angeklagte sein Handy unmittelbar nach dem Anschlag zurückgesetzt, also alle darauf gespeicherten Daten gelöscht hatte. Nachdem er ein von K.F. gepostetes Foto gesehen hatte, auf dem dieser mit zahlreichen Waffen posierte, habe er versucht, seinen Bekannten anzurufen und ihn aufzufordern, das Bild zu löschen. Erreichen konnte er diesen freilich nicht – K.F. hatte zu diesem Zeitpunkt den Anschlag bereits verübt und war von der Polizei erschossen worden. In einer "Kurzschlussreaktion" habe der 23-Jährige dann sein Handy zurückgesetzt und es im Kofferraum seines Autos versteckt. Einen weiteren Angeklagten warnte er per SMS vor einer möglichen Razzia. Auf dem Handy des Angeklagten befand sich auch islamistisches Propagandamaterial, dessen Verbreitung sich der Angeklagte auch schuldig bekannte. Tatsächlich mit der Terrororganisation sympathisiert habe er nicht.

Dem am Nachmittag befragten Viertangeklagten wird vorgeworfen, den Attentäter bei der Planung und Vorbereitung des Anschlags unterstützt zu haben. Kurz vor dem 2. November soll er drei Wochen lang in dessen Wohnung gelebt haben, seine DNA-Spuren wurden auf mehreren Waffen des Attentäters gefunden, verwertbare Fingerabdrücke hingegen nicht. Das war einer von mehreren Gründen, weshalb der Angeklagte den Behörden Ermittlungsfehler vorwarf.
Auch am Tag vor dem Anschlag hat sich der Mann in der Wohnung des späteren Attentäters aufgehalten, um Wäsche aufzuhängen, wie er angab. Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt Vorbereitungen für den Anschlag getroffen wurden.

Urteile frühestens im Februar erwartet

In der Familie des möglichen Komplizen gibt es jedenfalls Verflechtungen mit dem radikalen Islamismus, mehrere seiner Cousins sind 2014 in den Dschihad gezogen. Gekannt habe der 28-Jährige diese aber kaum. "Und selbstverständlich heiße ich das nicht gut", betonte er. Seine eigene religiöse Einstellung bezeichnet er als "normal bis konservativ". Doch auch ihm wird die Verbreitung von IS-Propaganda vorgeworfen, diese habe er etwa aus einer Telegramm-Gruppe an seine Frau zur Übersetzung weitergeleitet. Chats der Ehefrau des Angeklagten zeigen auch, dass diese nach dem Anschlag offenbar mit einer Hausdurchsuchung gerechnet hatte.

Damit stehen noch die Befragungen des Zweit- und Drittangeklagten aus, diese werden nun am kommenden Dienstag stattfinden. Mit Urteilen ist frühestens im Februar zu rechnen. (vis)