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Ein Abkommen mit Fragezeichen

Von Vilja Schiretz

Politik

Indien und Österreich wollen die Zusammenarbeit bei der Migration vertiefen. Was sich konkret ändert, ist fraglich.


Legale Einreise- und Arbeitsmöglichkeiten statt Asylanträge ohne Erfolgsaussicht: Für Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat die "Migrations- und Mobilitätspartnerschaft", die er am Montag mit seinem indischen Kollegen Subrahmanyam Jaishankar paraphierte "strategische Bedeutung". Indien erkläre sich bereit , illegal Eingewanderte aus Österreich zurückzunehmen, die Zusammenarbeit bei legaler Migration soll verstärkt werden, etwa beim Studentenaustausch oder bei befristeten Arbeitsmöglichkeiten für Junge. Auch sehe das Abkommen, das laut Außenministerium erst nach Behandlung im Ministerrat einsehbar sein soll, rasche Visavergaben etwa für Wissenschaftler vor.

Besonders betonte Schallenberg einen "Richtwert" von jährlich 800 Rot-Weiß-Rot-Karten für indische Staatsangehörige. Wie dieses Ziel durch die Vereinbarung erreicht werden soll, ist fraglich. Denn in bestehende Gesetze kann das Regierungsabkommen freilich nicht eingreifen, bestätigt das Innenministerium gegenüber der "Wiener Zeitung": "Es wird im Abkommen lediglich auf die aktuell geltende Rechtslage und die gesetzlichen Voraussetzungen verwiesen." Schon jetzt können Inder für eine zwei Jahre gültige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis ansuchen, die für Fachkräfte und Arbeitskräfte in Mangelberufen aus Nicht-EU-Staaten ausgestellt wird. Besonders viele haben von der Möglichkeit bisher nicht gebrauch gemacht: Mit Ende 2021 verfügten 479 Inder in Österreich über eine Rot-Weiß-Rot Karte, rund 3.500 über eine nicht an einen bestimmten Arbeitgeber geknüpfte Rot-Weiß-Rot-Karte Plus.

6.530 Verfahren eingestellt

Insgesamt lebten Ende 2021 8.662 indische Staatsbürger mit gültigem Aufenthaltstitel in Österreich. Die meisten waren laut Zahlen des Arbeitsministeriums in den Bereichen Gastronomie (1.093), Erziehung und Unterricht (440) und Informatik (433) tätig .

Wie viele irregulär nach Österreich eingereiste Inder derzeit noch im Land sind - und somit von den vereinbarten Abschiebungen betroffen sein könnten - ist schwieriger zu beziffern. Laut der Asylstatistik von November hatten zwischen Jänner und Ende November 16.800 Inder in Österreich einen Asylantrag gestellt. Rund 10.200 Verfahren seien laut Innenministerium bis dahin rechtskräftig entschieden worden. Gut 6.530 davon wurden eingestellt, da sich die Antragsteller dem Verfahren entzogen hatten. Sie dürften also entweder zurückgekehrt, oder in ein anderes EU-Land weitergereist sein. Das spiegelt sich auch in der Grundversorgungsstatistik wieder: Anfang Dezember waren von mehr als 90.000 Menschen in der Grundversorgung gerade einmal 240 Inder. 300 indische Staatsangehörige wurden laut Innenministerium 2022 außer Landes gebracht, mit Indien bestehe eine "sehr gute Kooperation bei Rückkehrangelegenheiten."

Wie stark sich das Abkommen tatsächlich auf die Migration zwischen Indien und Österreich auswirken wird, ist also offen. Abgesehen davon kann Österreich aber mit einem Rückgang bei Asylanträgen von Indern rechnen. Mit Jahresbeginn verschärfte Serbien, von wo aus zahlreiche Menschen über Ungarn nach Österreich gelangten, die Visabestimmungen für indische Staatsbürger, die bis dahin visafrei einreisen konnten. Für Tunesier traten die Verschärfungen bereits im November in Kraft, die Aufgriffe seien laut Innenministerium seither um rund 90 Prozent zurückgegangen.