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Erneut mehr als 90.000 Sterbefälle in einem Jahr

Von Simon Rosner

Politik

Auch im dritten Jahr der Pandemie gab es deutlich mehr Tote als erwartet, obwohl es viel weniger Covid-Opfer gab.


Auch im Vorjahr wurden in Österreich mehr als 90.000 Sterbefälle verzeichnet. Nach vorläufiger Berechnung - die endgültigen Zahlen folgen erst in einigen Wochen -, sind 2022 rund 91.600 Personen gestorben und damit fast genauso viele wie in den ersten beiden Pandemiejahren, teilte die Statistik Austria am Donnerstag mit. Das sind doch um einige Tausend Personen mehr als in den Jahren vor der Coronakrise.

Noch liegen keine Analysen der Todesursachen vor, diese folgen erst im Frühling, wobei Österreich in dieser Hinsicht schneller als die meisten anderen Länder ist. Seriöse Aussagen über die Gründe des erhöhten Sterbegeschehens sind bis dahin schwierig, wie man auch auf Nachfrage dieser Zeitung bei der Statistikbehörde erklärte.

Auffällig ist die anhaltend hohe Sterblichkeit auch deshalb, weil die Zahl der offiziellen Covid-Toten im Vorjahr deutlich zurückgegangen ist. Während die Gesundheitsagentur Ages für 2020 rund 7.500 und für 2021 etwas mehr als 9.000 Todesfälle nach einer Corona-Infektion verzeichnete, waren es im Vorjahr nur noch 4.746. Trotzdem sank die Sterblichkeit insgesamt nicht. Der statistisch errechnete Erwartungswert für 2022 wären 85.427 Sterbefälle gewesen. Der Wert wurde um 7,2 Prozent übertroffen.

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Eine sich langsam durch immer mehr Forschungsarbeiten verfestigende Hypothese ist, dass Covid-19 das Immunsystem für zumindest einige Zeit schwächen könnte. Dies könnte auch, neben anderen Ursachen, ein Grund dafür sein, weshalb generell seit Wochen das Erkrankungsgeschehen von diversen Atemwegsinfekten sehr stark ist. Und es könnte auch Ursache dafür sein, dass andere Erkrankungen in einem etwas höherem Ausmaß tödlicher verlaufen.

Hohe Todeszahlen auchim europäischen Vergleich

Für die letzten drei Wochen des Jahres, als vor allem sehr viele Grippe-Erkrankungen gemeldet wurden, registrierte die Statistik Austria mehr als 2.000 Sterbefälle pro Woche. Das ist auch für diese Jahreszeit ein zwar nicht exorbitanter, aber doch hoher Wert. Zwar muss berücksichtigt werden, dass die Bevölkerung in Österreich erstens altert und zweitens durch Zuwanderung wächst, dennoch offenbart sich auch durch statistische Berücksichtigung dieser Faktoren ("Altersstandardisierung") ein außergewöhnliches Sterbegeschehen im Vorjahr.

Auch im europäischen Vergleich verzeichnete Österreich im Vorjahr eine eher hohe Übersterblichkeit, wobei die Daten bei Eurostat nur bis inklusive Oktober vorhanden sind. Zudem wird nicht auf Änderungen in der Bevölkerung Rücksicht genommen. Zwar wurden in Österreich die meisten Corona-Regeln abgeschafft, aber das trifft auf andere Länder genauso zu, wenn nicht sogar mehr.

Auffallend ist auch, dass sich die Werte tendenziell angeglichen haben. Die Bandbreite war geringer als in den ersten beiden Jahren, als manche Länder mit geringer Übersterblichkeit durchkamen, andere Länder, vor allem im Osten Europas, jedoch ein furchtbares Sterbegeschehen erlebten.

Tschechien verzeichnete 2021 rund 63 Prozent mehr Tote, als erwartet wurden (dafür 2022 deutlich weniger als Österreich). Über die Dauer der gesamten Pandemie kam Bulgarien mit einer 23-prozentigen Übersterblichkeit laut Eurostat am schlechtesten durch diese Zeit, dahinter Polen (21,4 Prozent), Zypern (21 Prozent) und die Slowakei (20,5 Prozent).

Österreich schneidet besser als der EU-Durchschnitt ab mit einer Übersterblichkeit von 11,8 bis Oktober 2022. Mit Abstand die besten Werte weist die Statistikbehörde den skandinavischen Ländern zu: Island, Dänemark, Norwegen sowie auch Schweden, das mit nur 4,3 Prozent am besten aller Länder abschnitt.