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Freier Jobzugang für Ukraine-Vertriebene

Von Karl Ettinger

Politik

Die Regierung will Arbeitsmarktintegration vorantreiben. Ein Antrag für eine Neuregelung liegt bereits im Parlament.


Knapp vor dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine verstärkt die Bundesregierung die Bemühungen, ukrainische Kriegsflüchtlinge auf Arbeitsplätze in Österreich zu vermitteln. Dem parlamentarischen Sozialausschuss wurde ein Initiativantrag von ÖVP und Grünen zugeleitet, der nach der Ausstellung des Ausweises für Vertriebene, der sogenannten "Blauen Karte", Ukrainer künftig aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausnimmt. Ihnen soll jede Arbeitstätigkeit erlaubt werden - ohne eigene Beschäftigungsbewilligung. Auch der Einsatz als Leiharbeitskräfte wird ermöglicht. Angestrebt wird, dass der uneingeschränkte Zugang zum Arbeitsmarkt im Laufe des zweiten Quartals dieses Jahres zum Tragen kommt, ob schon ab April, ist fraglich. 

Gleichzeitig werden die Vertriebenen in einem Brief aufgefordert, sich bei der Arbeitssuche selbst aktiv an das Arbeitsmarktservice (AMS) und den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) zu wenden, kündigten Innenminister Gerhard Karner, Integrationsministerin Susanne Raab und Wirtschaftsminister Martin Kocher (alle ÖVP) in einer gemeinsamen Aussendung an. Ziel sei, die Integration der Vertriebenen aus der Ukraine auf dem Arbeitsmarkt zu beschleunigen. Nachdem schon im Jänner beschlossen wurde, das Aufenthaltsrecht für Vertriebene um ein Jahr bis März 2024 zu verlängern, werden dafür nun neue "Blaue Karten" an die Betroffenen verschickt. Gleichzeitig mit dieser Post wird ein Informationsblatt von AMS und ÖIF ausgesandt, sich aktiv bei den beiden Einrichtungen wegen der Jobsuche zu melden.

Jobs vor allem in Gastronomie und Tourismus

Nach Angaben der Regierung wurden bisher rund 92.000 Vertriebene registriert, der Großteil davon sind Frauen und Kinder. Rund 54.000 Kriegsvertriebene aus der Ukraine befinden sich in der Grundversorgung. Nach den jüngsten Daten, die das AMS der "Wiener Zeitung" für Ende Dezember nennt, waren zu diesem Zeitpunkt 8.126 aus der Ukraine geflüchtete Personen unselbständig beschäftigt und haben einen Arbeitsplatz gefunden. Davon waren 5.889 Frauen und 2.237 Männer. Die Aufschlüsselung der Daten des AMS zeigt außerdem, dass die mit Abstand meisten Vertriebenen in den Branchen Gastronomie und Tourismus, die ohnehin Personal suchen, beschäftigt waren, nämlich ein Drittel.

Das Wirtschaftsministerium kommt auf insgesamt 13.546 Ukrainerinnen und Ukrainer, die Ende des Vorjahres in Österreich beschäftigt waren. Dabei sind aber auch Personen aus der Ukraine eingerechnet, die nicht erst 2022 durch die Sonderregelung für Vertriebene auf dem Arbeitsmarkt untergekommen sind. Von Regierungsseite wird außerdem aufgelistet, dass 7.496 Vertriebene beim AMS für die Arbeitssuche vorgemerkt waren. Laut Wirtschaftsministerium bildeten Ukrainerinnen und Ukrainer immerhin die sechstgrößte Nationalitätengruppe an Bürgern außerhalb der EU auf dem österreichischen Arbeitsmarkt, angeführt wird die Liste von rund 62.000 Türken.

Mit der zuerst von Kocher angekündigten Neuregelung soll im Gegensatz zu bisher die Einholung einer Beschäftigungsbewilligung durch den Arbeitgeber wegfallen. Personen aus der Ukraine können damit wie österreichische Arbeitskräfte und EU-Bürger nach der Änderung sofort jede Beschäftigung annehmen, wodurch der bürokratische Ablauf verkürzt und vereinfacht wird. Der Ressortchef und auch das AMS machen jedoch ausdrücklich aufmerksam, dass bis zum Inkrafttreten der geplanten gesetzlichen Neuregelung weiterhin eine Beschäftigungsbewilligung für Vertriebene notwendig ist.

Mit dem uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarktmarkt ist künftig erstmals auch die Möglichkeit gegeben, dass diese eine Beschäftigung als Leiharbeitskräfte über Personaldienstleister und Unternehmen zur Arbeitskräfteüberlassung erhalten. Deren Branchenvertreter haben seit Monaten für eine entsprechende Möglichkeit gekämpft, weil sie darin eine Möglichkeit sehen, dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Es handle sich daher um "wichtige Verbesserungen".

Um eine möglichst rasche Umsetzung zu gewährleisten, wird auf eine mehrwöchige Begutachtung verzichtet. Für die Koalitionsparteien haben vielmehr die Abgeordneten Tanja Graf (ÖVP) und Barbara Neßler (Grüne) die vorgesehenen Änderungen als Initiativantrag eingebracht. Laut Zeitplan würden die Änderung aber erst Ende März beschlossen werden, außer es gibt noch einen früheren Termin für den Sozialausschuss. Die nächsten Plenarsitzungen des Nationalrats sind für Anfang März vorgesehen.

Karner: Weitere Klärungim ersten Halbjahr

In der Begründung des Initiativantrags von ÖVP und Grünen wird nicht nur betont, dass mit der Neuregelung "nun alle arbeitsmarktbehördlichen Hürden abgebaut werden". Es wird offensichtlich auch erwartet, dass mit einem längeren Aufenthalt von Tausenden arbeitsfähigen Menschen aus der Ukraine in Österreich zu rechnen sein wird. "Damit soll vor allem die Arbeitsmarktintegration jener Vertriebenen, die einen dauerhaften Verbleib am österreichischen Arbeitsmarkt anstreben, weiter beschleunigt werden", wird als Argumentation angeführt. Umso wichtiger sei nach dem geplanten Wegfall der Bewilligungspflicht daher, über Kontrollen gemäß dem Gesetz zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping "sicherzustellen, dass Vertriebene unter Einhaltung der Kollektivverträge und nach entsprechender Anmeldung zur Sozialversicherung zu fairen Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt werden".

Wie es generell mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine weitergehen soll, möchte die Bundesregierung dann in einem weiteren Schritt klären. "Wie der künftige Status der Kriegsvertriebenen aussehen wird, werden wir im ersten Halbjahr ergebnisoffen diskutieren", kündigte Innenminister Karner in einer Aussendung an.