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Wilde Hochzeit in Weiß

Politik

Nach der Absage der "Gletscher-Ehe" plant das Pitztal nun einen Ausbau seiner Liftanlagen.


Im Sommer schien eine endlose Geschichte ihr Ende gefunden zu haben. In einer Volksbefragung Mitte Juli lehnten die Bewohner der Gemeinde St. Leonhard im Pitztal das als "Gletscher-Ehe" titulierte Großprojekt ab. Auf die Frage "Soll der Skigebiet Zusammenschluss Pitztal-Ötztal gebaut werden?" antworteten damals 353 Stimmberechtigte mit Nein, 348 waren dafür (Wahlbeteiligung: 59 Prozent). Das Ergebnis war also denkbar knapp - nur fünf Stimmen entschieden über den Ausgang. Dennoch erklärten die Pitztaler Gletscherbahnen als Betreiber der "Gletscher-Ehe" noch am selben Tag, dass sie sich an das Ergebnis halten und das Projekt nicht mehr weiter vorantreiben wollten.

Und das, obwohl dieses bereits im März 2015 zu einer Vorprüfung zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei der zuständigen Behörde eingebracht worden war. Insgesamt sei die Idee eines Zusammenschlusses sogar in mehr als drei Jahrzehnten gereift, wie es damals hieß. Konkret ging es um zusätzliche 64 Hektar an Skipisten, die die Lifte im Ötztal mit jenen im Pitztal verbinden sollten. Realisiert werden sollte die Zusammenführung durch die Erweiterung des Skigebietes der Pitztaler Gletscherbahn innerhalb der Skigebietsgrenzen im Bereich des Linken Fernerkogl mit dem Anschluss an das bestehende Gletscherskigebiet der Ötztaler Gletscherbahn. Dieser Bereich sei bereits seit 2005 durch eine Widmung der Tiroler Raumordnung zur Erweiterung freigegeben worden, wurde 2015 betont.

Widerstand der Umweltschutzorganisationen

Nachdem im Mai 2019 die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung begonnen hatte, formierte sich breiter Widerstand. Die Umweltschutzorganisationen Österreichischer Alpenverein, Naturfreunde und der WWF sprachen sich gemeinsam gegen den geplanten Zusammenschluss der Skigebiete aus.

Anfang 2020 sollte es dann eine mündliche UVP-Verhandlung geben, die auf Wunsch der Pitztaler und Ötztaler Gletscherbahnen verschoben wurde. Die Projektwerber hätten noch weitere, aktualisierte Unterlagen vorlegen müssen, die sich auf die "Abweichungen zwischen den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort und den Darstellungen im Projekt, bedingt durch den fortschreitenden Gletscherrückgang" beziehen. Diese Ergänzungen wurden nie eingebracht, woraufhin die Behörde im November 2022 die UVP wegen Mangelhaftigkeit der Unterlagen zurückwies und dem Vorhaben das endgültige Ende beschied.

Allerdings bekommt die Geschichte nun doch noch ein weiteres Kapitel. Wie am Freitag mehrere Medien berichteten, planen die Pitztaler Gletscherbahnen einen Ausbau ihrer Liftanlagen. Mit der neuen Seilbahn auf das Joch unter dem Linken Fernerkogel reichen die Lifte dann fast bis ins Ötztal. Die Investitionssumme liege bei 20 Millionen Euro, hieß es. Auch am Kaunertaler Gletscher sollen durch eine neue Seilbahn und einen Schlepplift mehr Pisten zur Verfügung stehen. Dort werden 25 Millionen Euro investiert.

Laut Gletscherbahnen-Geschäftsführerin Beate Rubatscher-Larcher habe man bei den aktuellen Planungen im Pitztal auf bereits bestehende Konzepte vom Zusammenschluss mit dem Ötztal zurückgreifen können.

Grüne fürchten nun "wilde Gletscher-Ehe"

Immerhein seien in das beendete UVP-Verfahren für das abgesagte Projekt schon vier Millionen Euro investiert worden, so die Geschäftsführerin. Sie zeigte sich überzeugt, dass dieses Mal eine Genehmigung erteilt werde. Der technische Geschäftsführer, Franz Wackernell, kündigte an, dass es für die Projekte im Kauner- und Pitztal keine Grabungsarbeiten und Beschneiungsanlagen brauchen werde.

Bei den Grünen schrillten ob der Ausbaupläne im Pitztal alle Alarmglocken und sie sprachen von einer "wilden Gletscher-Ehe". Immerhin ende der neue Lift "100 Meter Luftlinie vor seinem Ötztaler Pendant". "Wer glaubt, dass dort dauerhaft Schluss sein wird, der glaubt wahrscheinlich auch ans Christkind", sagte Klubobmann Gebi Mair in einer Aussendung. Er ortete eine Vollerschließung des Linken Fernerkogels, und damit "80 Prozent der Skiflächen des von der Bevölkerung in einem Referendum abgelehnten Projektes". Er befürchtete auch erneute Sprengungen im Gratbereich. Es werde nun versucht, "das Projekt unterhalb der Schwelle der Umweltverträglichkeitsprüfung kleinzurechnen", so Mair, der die schwarz-rote Landesregierung und ihr Bekenntnis zum "Gletscher-und Klimaschutz" auf die Probe gestellt sah. (bs)