Der Begriff der "Verwaltungsreform" ist längst zu einer Chiffre für Einsparungen geworden. So hatte sich etwa die türkis-blaue Regierung im Kapitel zur Verwaltungsreform zu einer "Bürokratiebremse" verpflichtet und wollte in der Beamtenschaft nur mehr jede dritte Stelle nachbesetzen. Aber Beispiele wie diese gibt es viele.

Zweifellos war aber die Installierung des Bundesverwaltungsgerichts, der ab 2014 an die Stelle von 30 Bundesbehörden trat, eine echte, strukturelle Reform. Unter anderem ging das Bundesvergabeamt, der Umweltsenat und gingen etliche Sonderbehörden wie der Asylgerichtshof im neuen BVwG auf.

Eine Prüfung des Rechnungshofs für die Jahre 2018 bis 2021 zeigt nun ein zumindest ambivalentes Fazit. Am Ende des Berichts heißt es nüchtern, aber durchaus hart: "Aus Sicht des Rechnungshofs wurde das Ziel der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, mit der Einführung des BVwG die Verfahren zu beschleunigen, bislang nicht erreicht." Die gesetzliche Verpflichtung zu einer Verfahrensdauer von maximal sechs Monaten wird häufig nicht eingehalten, in den Jahren 2020 und 2021 gelang das nur in 37 Prozent der Fälle.

Die Bewertung des Rechnungshofberichts durch das geprüfte Bundesverwaltungsgericht fällt hingegen geradezu diametral anders aus: Demnach bestätige die Prüfung "im Wesentlichen die erfolgreiche Arbeit des BVwG und hebt insbesondere anerkennend die im Bereich des Abbaus von schon seit längerem anhängigen Verfahren getroffenen Maßnahmen hervor." Tatsächlich würdigt der Rechnungshof diese Anstrengungen durchaus.

Als die neue Behörde 2014 ihre Arbeit aufnahm, begann sie nicht bei null, sondern mit knapp 15.000 offenen Fällen, die sie aus den diversen aufgelösten Stellen geerbt hatte. Diese Zahl ging zunächst ganz leicht zurück, dann wuchs der Anfall durch die Fluchtkrise und einige Massenverfahren, wie zum Beispiel die Überführung der 3.000 Bank-Austria-Mitarbeiter in die allgemeine Pensionsvorsorge, enorm.

Abbauarbeiten sind
nach wie vor im Gang

Die Zahl der offenen Verfahren überschritt in dieser Zeit die 40.000er-Marke, 2019 begannen die Abbauarbeiten. Mittlerweile, so teilte das BVwG mit, halte man bei noch 11.000 offenen Fällen. Man nähere sich nun wieder der gesetzlichen Pflicht der maximalen Dauer von sechs Monaten.

Die Prüfer des Rechnungshofs wunderten sich aber, dass es im "Gegensatz zur ordentlichen Gerichtsbarkeit" keine nach statistischen Grundsätzen erhobenen Kennzahlen für die Bemessung und Verteilung des Personals gebe. Daher sei "nicht objektiv und zuverlässig feststellbar" gewesen, wie effizient und effektiv das Bundesverwaltungsgericht gearbeitet hatte. Man wunderte sich beim Rechnungshof über den einerseits gestiegenen Personalaufwand, obwohl andererseits der Verfahrensanfall über die Jahre deutlich geringer geworden ist.

Der Rechnungshof empfahl unter andere eine "organisatorische Unterstützung der besonders belasteten Rechtsbereiche". Damit ist vor allem der Asylbereich gemeint, der nach wie vor für den Großteil der Verfahren verantwortlich ist. Die Antwort des BVwG: Seit heuer gebe es dafür eine eigene Kammer.

Eine Kritik des Rechnungshofs richtet sich auch an den Gesetzgeber. Richter am BVwG müssen derzeit nur über eine fünfjährige juristsche Berufserfahrung verfügen. Dadurch sei "nicht ausreichend sichergestellt, dass diese Personen tatsächlich für das Richteramt geeignet" seien. Vor drei Jahren hatte das Justizministerium Vorschläge für eine Vereinheitlichung des Berufsbildes und damit für eine Durchlässigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeitet. Diese Reform wurde aber nie umgesetzt.(sir)