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38,4 Millionen pro Jahr für Kabinette

Politik

Mit 247 Mitarbeitern sind die Kabinette so groß - und teuer - wie noch nie.


Eine "nie da gewesene Kostenexplosion" sieht der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Philip Kucher in den politischen Büros der Ministerinnen und Minister. Er fragt die Ministerien regelmäßig nach den Kosten der jeweiligen Kabinette und dokumentiert Veränderungen. Laut seiner Anfragenserie hat der Personalstand einen neuen Spitzenwert erreicht. Am Ende des Vorjahres arbeiteten dort 247 Referenten und Pressesprecher. Das sind um 21 Personen mehr als Ende 2020 unter dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die Bundesregierung lässt sich das aktuell 38,4 Millionen Euro kosten, wie die "Kleine Zeitung" am Montag als erstes Medium berichtete.

Das Bundeskanzleramt rechtfertigt den Sprung in den Zahlen mit den mannigfaltigen Krisen der vergangenen Jahre: Corona-Pandemie, russischer Angriffskrieg auf die Ukraine und die Teuerung. Neuanstellungen seien unvermeidbar gewesen.

Die SPÖ rechnete sich auch aus, wie groß "alle politisch geschaffenen Strukturen" sind, also inklusive jener Hilfskräfte, die durch die großen Kabinette mitanfallen. Hier kommt die SPÖ auf insgesamt 487 Mitarbeiter.

Langjährige Entwicklung einer Politisierung

Die Opposition und Experten beobachten das Wachsen der Kabinette allerdings schon länger: Unter der großen Koalition von Christian Kern (SPÖ) und Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gab es in den Ministerien 163 Kabinettsmitarbeiter. Als die türkis-blaue Regierung Ende 2017 kam, gab es einen Sprung auf 220 Mitarbeiter. Ein Drittel mehr. Zum Vergleich: Im Dezember 2000 hatten die Ministerinnen und Minister der ÖVP-FPÖ-Regierung 118 Mitarbeiter, bei Werner Faymann 2010 waren es 151 Personen, wie die "Kleine Zeitung" recherchierte.

Dementsprechend groß auch die Kostenentwicklung der politischen Ebene: Unter Kern kosteten die Kabinette noch 25 Millionen Euro, unter Kurz stiegen sie auf 31 Millionen Euro und unter Karl Nehammer (ÖVP) erreichten sie ihren derzeitigen Höchstwert von 38,4 Millionen Euro. Von einer "Rekordzahl an PR-Beratern und Pressesprechern, hochbezahlte Generalsekretärsposten bis hin zu einem ‚Think Tank‘ auf Steuerzahlerkosten" schreibt Kucher in seiner Anfrage eine Teilschuld Sebastian Kurz zu, dessen Slogan "Sparen im System" zu einer "Kostenexplosion in den politischen Büros" geführt habe.

Der politische Einfluss in Ministerien wurde in den letzten Jahrzehnten zunehmend stärker, sagen Experten. Etwa durch die Einführung von Generalsekretären, die ein Weisungsrecht haben und zwischen den Sektionen und den Ministern sitzen. Aber auch durch Kabinettsmitarbeiter, die neben ihrer Arbeit immer öfter Leitungspositionen in der Verwaltung übernehmen. (pak)