Sie wollen endlich gehört werden. Seit Jahren gehen sie auf die Straßen, demonstrieren und sind laut, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen: Sie fordern ihr Recht auf Klimaschutz und ihre Zukunft ein. Weil es auch Demonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmern bisher nicht geschafft hätten, dass es ein neues Klimaschutzgesetz gibt, schlagen zwölf Kinder und Jugendliche nun einen anderen Weg ein, indem sie am Dienstag eine Klage vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingereicht haben. Stellvertretend für die Kläger haben Smilla, 15, Levi, 16, Franziska, 16, und Matilda, 14, ihr Vorhaben präsentiert. "Uns reicht’s, weil der Klimaschutz nicht ambitioniert genug ist und deswegen klagen wir", sagte der Schüler Levin aus Niederösterreich bei einem Pressegespräch.

Vertreten werden die Kinder und Jugendlichen von der Anwältin Michaela Krömer, Fridays For Future (FFF) und der Verein CLAW - Initiative für Klimarecht organisieren und unterstützen die Klage. Krömer war schon mit einigen solcher "Klimaklagen" befasst, nun stellt sie mit dem Antrag die Kinderrechte in den Mittelpunkt: "Die Kinderrechte normieren, dass die Kinder einen Schutzanspruch haben. Ein Klimaschutzgesetz, das sich Klimaschutzgesetz nennt, aber schon seit einigen Jahren keine Treibhausgasreduktionsziele hat, von Konsequenzen bis hin zu einem effektiven Maßnahmenmechanismus ganz zu schweigen, verletzt diese Verfassungsrechte", sagte sie am Dienstag vor Journalisten.

Juristisch handelt es sich um einen Antrag auf die teilweise Streichung des seit zwei Jahren abgelaufenen Klimaschutzgesetzes. Der Verfassungsgerichtshof muss nun entscheiden, ob die Kinder überhaupt den Antrag stellen dürfen, da sie im Gesetz nicht direkt angesprochen werden. Krömer dazu: "Kinder werden in den Gesetzen sehr oft nicht genannt. Der Verfassungsgerichtshof hat aber bereits wiederholt gesagt, wenn das Design des Gesetzes in die Rechtssphäre von Personen eingreift, dann müssen sie in der Lage sein diese Gesetze auch anfechten zu können."

Verfassungsexperte befürchtet Zurückweisung

Darauf, dass es "kein wirklich funktionierendes Mittel gibt, um Versäumnisse der Gesetzgebung wirksam geltend zu machen", weist auch Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk gegenüber der APA hin. Generell befürchtet er, dass die aktuelle Klage das gleiche Schicksal erleiden könnte wie jene aus dem Jahr 2020. Damals war die Klage der Umweltschutzorganisation Greenpeace vom VfGH zurückgewiesen worden. Die neue Klage mache aber auf Verfehlungen in der Klimapolitik aufmerksam und habe deshalb durchaus "ein gewisses Gewicht", so Funk.

Beim VfGH wird die Klage wie jeder Fall vom Präsidenten einem der 13 anderen Mitglieder des Kollegiums zugewiesen. Darüber, wie lange es bis zu einer Entscheidung dauern werde, könne man derzeit noch nichts sagen, hieß es vonseiten des VfGH. Habe die Klage Erfolg, werde der VfGH das Gesetz wahrscheinlich zur Gänze aufheben, so Funk, und "den Ball ans Parlament weitergeben", um eine neue gesetzliche Regelung zu schaffen.

Unterstützung bekommt die Klage vom Netzwerk Kinderrechte mit seinen 51 Mitgliedsorganisationen, das in einer Aussendung darin "eine großartige Chance für verbesserten Schutz der Kinderrechte im Interesse von Klimaschutz und Generationengerechtigkeit" sieht.

Auf das "Versagen der Bundesregierung" verweist SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr. "Trotz zig gegenteiliger Versprechungen sind ÖVP und Grüne seit 782 Tagen beim Klimaschutzgesetz säumig." Die Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, Sabrina Prochaska, bedankt sich bei "den mutigen Kindern und Jugendlichen, die jetzt den nächsten Schritt gehen und sich juristisch für eine nachhaltige Zukunft für uns alle einsetzen".