Die Präsentation des Fraktionsberichtes der FPÖ zum ÖVP-U-Ausschuss begann äußerst ungewöhnlich. Fraktionsführer Christian Hafenecker habe sich lange Gedanken gemacht, wie er das Mindset der ÖVP beschreiben solle, doch dann habe er Schützenhilfe von der ÖVP-Nationalratsabgeordneten Maria Großbauer erhalten. Was folgte, war eine Einspielung eines Ausschnitts des "Seitenblicke"-Magazins. Zu Lebensweisheiten befragt, meinte Großbauer dort: "Auf's G'wissen wird g'schissen."
"Treffender kann man es nicht formulieren", meinte Hafenecker, der ähnliche Ansätze im politischen Handeln der Volkspartei festgestellt habe. Sein Resumee des mit "Kurz-Schluss" betitelten Berichts: "Mit dieser ÖVP ist kein Staat zu machen, sie hat diesen Staat beinahe zerstört." Hafenecker zeigt sich vor allem darüber verwundert, dass die Erkenntnisse des U-Ausschusses kein Umdenken in der Kanzlerpartei erzeugt hätten. "Die ÖVP agiert wie eine Art Politvampir, immer wenn man Licht ins Dunkel gebracht hat, sind sie zu Staub zerfallen", schreibt der FPÖ-Generalsekretär die vielen ÖVP-Rücktritte der jüngeren Vergangenheit auch der Arbeit des U-Ausschusses zu. Neben Elisabeth Köstinger, Gernot Blümel, Margarete Schramböck und natürlich Sebastian Kurz sind auch die Landeshauptleute Günther Platter in Tirol und Hermann Schützenhöfer in der Steiermark zurückgetreten. "Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren", so Hafenecker.
U-Ausschuss habe das "schwarze System sichtbar gemacht"
Auf 110 Seiten beleuchtet die FPÖ die "Selbstbedienungsmentalität der ÖVP", die von Inseraten bis Postenschacher und einer "unberechtigten Inanspruchnahme von Corona-Förderungen" reiche. "Damit muss endlich Schluss sein." Der U-Ausschuss habe "das schwarze System sichtbar gemacht" und gezeigt, dass die "heiligen drei Säulen der ÖVP-Gewalt" das Justiz-, Finanz- und Innenministerium seien, so Hafenecker weiter.
Im Justizministerium habe ein "System Pilnacek" gezeigt, wozu man "womöglich fähig ist. Stichwort: verratene Hausdurchsuchungen", meint Hafenecker. Im Finanzministerium sei "eine Fastlane" für ÖVP-Spender eingerichtet worden, wenn es um Steuerfragen ging, und im Innenministerium hätten die Chatnachrichten des früheren Kabinettschefs Michael Kloibmüller gezeigt, wie parteipolitische Postenbesetzungen vonstatten gehen würden. Hafenecker zitierte auch den Innenminister der Beamtenregierung Wolfgang Peschorn, der von "Seilschaften zum Schaden der Republik" gesprochen hätte.
FPÖ lobt Zusammenarbeit, kritisiert Sobotka
Dem U-Ausschuss stellte er ein gutes Zeugnis aus, der Vorsitzführung weniger. So bedankte sich die FPÖ für die gute Zusammenarbeit mit SPÖ ("gut verzahnt zusammengearbeitet") und Grünen ("Es hat uns gewundert, dass sie aktiv in schwarze Abgründe geschaut haben und auch nicht den Konflikt mit dem Koalitionsparner gescheut haben. Das ist neidlos anzuerkennen.") Nur bei den Neos machte er Abstriche, Fraktionsführerin Stephanie Krisper sei von der eigenen Parteispitze "ausgebremst" worden, man habe "beim Verhindern und Vertuschen mitgemacht". Für die FPÖ seien die Pinken "kein verlässlicher Partner mehr".
Weniger freundliche Worte gab es für die ÖVP und den Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP). Allein beim Tirol-Tag habe sich die ÖVP 283 mal zur Geschäftsordnung gemeldet, um die Befragung zu verzögern, so Hafenecker, der von einer "Lähmungstaktik" spricht. Die Idee, dass den Vorsitz der Nationalratspräsident übernimmt, sei eine gute Idee gewesen, als man davon ausging, dass die Position von einer "redlichen" Person ausgeübt würde. "Wir sind eines Besseren belehrt worden", so Hafenecker, der sich hier für mehrere Änderungen im U-Ausschuss stark macht, darunter auch eine zeitversetzte Übertragung der Befragung von Politikern und Spitzenbeamten.
Vorschläge für legistische Änderungen in anderen Bereichen finden sich im Bericht keine. Laut Hafenecker bringe man im Nationalrat diese Anträge sowieso laufend ein. Der Bericht wäre um einiges dicker geworden, hätte man hineingeschrieben, was man alles ändern müsse, um den Staat vor der ÖVP zu schützen.