Der Konflikt um die Führung der SPÖ wird immer vehementer geführt. Die Tageszeitung "Österreich" berichtet laut Vorabmeldung unter Verweis auf Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, die burgenländische SP-Landesgruppe von Hans Peter Doskozil wolle keine Mitgliedsbeiträge mehr an die Bundes-SPÖ überweisen. Die Landespartei dementierte das umgehend: "Genosse Deutsch hat hier offensichtlich etwas grob missverstanden", betonte Landesgeschäftsführer Roland Fürst.
Als Grund für eine Einstellung der Zahlungen gab Deutsch laut "Österreich" an, dass SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner im ZiB2-Interview die Querschüsse aus dem Burgenland getadelt hatte. Fürst wies das zurück: "Erst gestern ist die aktuelle Rate überwiesen worden" - und das werde auch weiterhin passieren.
Danke an meine Mitarbeiter*innen, dass sie mir den Beleg im Büro besorgt haben👏🏻👏🏻 pic.twitter.com/SQhZGB58gh
Roland Fürst (@FuerstRoli) March 8, 2023
Er habe Deutsch in einem Gespräch darauf hingewiesen, dass einige Mitglieder und Funktionäre aus dem Burgenland kritisch auf eine Mitgliederinformation reagiert und die Frage gestellt hätten, warum mit ihrem Mitgliedsbeitrag die derzeitige Kommunikation der Bundespartei mitfinanziert werde. "Ich bin ehrlich gesagt schockiert, dass dieser vertrauliche Gesprächsinhalt jetzt so verzerrt in die Öffentlichkeit gegeben wurde", kritisierte Fürst den Bundesgeschäftsführer. Es sei "im Interesse aller dringend geboten, wieder zu einer sachlichen Gesprächsebene zurückzukehren und wie vereinbart die nötige Diskussion am Mittwoch im Präsidium zu führen".
Deutsch hatte die Einstellung der Zahlungen gegenüber der Tageszeitung "Österreich" als "eine willkürliche und unsozialdemokratische Aktion" kritisiert. "So etwas habe er noch nie erlebt", zeigte er sich empört.
Präsidium zur Klärung von "Zukunftsperspektiven"
Zu einem ersten Showdown könnte es kommende Woche kommen. Parteichefin Rendi-Wagner hatte ihren innerparteilichen Kontrahenten Doskozil "angesichts der aktuellen Situation" brieflich um eine Teilnahme am SPÖ-Präsidium kommende Woche "ersucht", wie die APA erfuhr. Der burgenländische Landeshauptmann wird kommen, um "Zukunftsperspektiven für die Sozialdemokratie" zu diskutieren, wie er am Mittwoch am Rande eines Pressetermins erklärte.
Er habe den Brief erhalten und werde "gerne nach Wien zur Präsidiumssitzung fahren, weil es wichtig für die Zukunft der Sozialdemokratie ist, an dieser teilzunehmen", betonte Doskozil auf APA-Anfrage. Was genau er dort mit Rendi-Wagner besprechen will, sagte der Landeshauptmann am Mittwoch nicht: "Das wird sich weisen. Und es wird intern besprochen werden."
SPÖ Oberösterreich will Führungsfrage geklärt haben
Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG), Rainer Wimmer, hatte Doskozil zuvor recht schroff dazu aufgefordert, bei dem Termin zu erscheinen. Beim Präsidium sollen die Weichen gestellt werden, ob es zu einem vorgezogenen Parteitag kommt. Eine entsprechende Forderung hatte nach der Sozialistischen Jugend am Dienstag auch die mit mehr Gewicht ausgestattete oberösterreichische SPÖ erhoben. Geht es nach dem dortigen Landesparteichef Michael Lindner, soll bei einem Parteitag nach der Salzburg-Wahl, die am 23. April stattfindet, die Führungsfrage geklärt werden.
Wimmer will möglichst rasch eine Klärung. Von Doskozil erwartet er im Gespräch mit der APA, dass dieser sich beim Präsidium "stellt". Der Landeshauptmann habe ja zur aktuellen Situation auch einen entsprechenden Beitrag geleistet: "Die Zeit des Versteckes und Taktierens ist vorbei." Mit einem vorgezogenen Parteitag hätte Wimmer kein Problem.
Einladung notwendig, nachdem Doskozil aus Präsidium ausschied
Rendi-Wagner hat sich bisher weder dafür noch dagegen ausgesprochen. Der reguläre Parteitag würde erst im Wahljahr 2024 anstehen. Die burgenländische SPÖ ließ diese Frage ebenso offen, äußerte am Dienstag jedoch die Präferenz für eine Mitgliederbefragung. Eine solche hatte auch Rendi-Wagner schon einmal ansetzen lassen und ihre Position im Jahr 2020 damit gefestigt, allerdings ohne Gegenkandidaten. Wimmer lehnt diese ab, da sich der Konflikt sonst noch über Monate ziehen würde.
Doskozil sitzt im Gegensatz zu den anderen Landesparteivorsitzenden nicht im Parteipräsidium, da er auf eine Kandidatur beim letzten Parteitag verzichtet hat. Damit braucht er quasi eine - der APA vorliegende - "persönliche Einladung", die ihm Rendi-Wagner nun schriftlich zukommen hat lassen. Den "lieben Genossen" Doskozil ersucht sie da eben, bei der Sitzung Mittwoch kommender Woche um 13 Uhr im Parlament zu erscheinen. Mit der Bitte um Rückmeldung verbleibt die Parteichefin mit "freundschaftlichen Grüßen".
Tirols SPÖ-Landeshauptmann-Stellvertreter Georg Dornauer äußerte sich indes am Mittwoch erstmals nach der Kärntner Landtagswahl zur laufenden Debatte. Aus seinem Büro hieß es gegenüber der APA, dass Dornauer "seine Sicht der Dinge in der stattfindenden Präsidiumssitzung in aller Deutlichkeit und unmissverständlich darlegen" wolle.
Rendi-Wagner mit Rückhalt der Gewerkschaft
Rendi-Wagner war nach den enttäuschenden Ergebnissen der SPÖ bei den Wahlen in Niederösterreich und Kärnten intern wieder einmal stärker unter Druck geraten. Allerdings ging sie diesmal selbst in die Offensive, attackierte Doskozil bei einem "ZiB2"-Auftritt deutlich und ließ ein Präsidium zur Klärung der Lage ansetzen. Die nächste reguläre Sitzung wäre nach APA-Informationen erst im April angestanden.
Nach den Frauen und der Wiener Partei stellte sich am Mittwoch auch die Gewerkschaft hinter sie: "Dass sie nicht schon lange hingeschmissen hat, ist eh ein Wunder", betonte Wimmer angesichts der jahrelangen Kritik an der Vorsitzenden. Bei der FSG gebe es die klare Linie, Rendi-Wagner weiter zu unterstützen.
Die Parteichefin betonte zudem, sich in jedem Fall bei einem Parteitag der Wiederwahl stellen zu wollen. Ob Doskozil zu einer Kampfkandidatur bereit ist, blieb bisher offen. Äußerungen seines Vorgängers Hans Niessl vom Sonntag deuteten allerdings in diese Richtung. Wie solch ein Duell ausgehen könnte, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt extrem schwer abzuschätzen. (apa)