Nach der Landtagswahl in Niederösterreich könnte es zu einer Zusammenarbeit zwischen Volkspartei und Freiheitlichen kommen. Landeshauptfrau und ÖVP-NÖ-Chefin Johanna Mikl-Leitner sowie FPÖ-Landespartei- und -Klubobmann Udo Landbauer berichteten am Freitag von "konstruktiven" Gesprächen. Man habe sich entschieden, persönliche Differenzen beiseitezuschieben und ein gemeinsames Arbeitsprogramm zu erarbeiten, sagte Mikl-Leitner. Ziel ist eine Einigung bis Mitte nächster Woche.
Es habe sich gezeigt, dass die ÖVP in wesentlichen inhaltlichen Fragen der FPÖ "viel näher" als der SPÖ sei, meinte Mikl-Leitner. Als zentrale Schnittmengen nannte sie Integration, dass es keine neuen Steuern geben solle, das Prinzip der Leistung und Fokus auf Eigentum. Landbauer nannte ein leistungsfähiges Gesundheitssystem, die Deckung des steigenden Pflegebedarfs, den Schutz der Landsleute vor einem "Asylchaos" sowie Unterstützung für Menschen in Zeiten der Teuerung als für die FPÖ wichtige Punkte.
"Ich will meine Heimat nach vorne bringen und da ist mir eine Perspektive für unsere Landsleute wichtiger als persönliche Befindlichkeiten", betonte der FPÖ-Landesparteichef. "Wenn wir zusammenkommen, dann wird das sicher keine Liebesbeziehung", sondern es wäre eine "professionelle Arbeitsbeziehung mit ganz viel Vertrauen", meinte Mikl-Leitner.
Keine Wahl Mikl-Leitners zur Landeshauptfrau durch FPÖ
Im Zentrum der Unterredungen standen im Freitag Finanzen. Bei einer Runde am Samstag geht es um Verkehr, in den nächsten Tagen soll laufend weiterverhandelt werden.
Landbauer hat als Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit mit der ÖVP u.a. Finanz- und Personalverantwortung für Landesräte im jeweiligen Bereich genannt. Er bekräftigte, dass die FPÖ Mikl-Leitner in der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März nicht zur Landeshauptfrau wählen werde. Dieses Versprechen werde man halten. Falls die 14 freiheitlichen Mandatare weiß wählen, würden allerdings auch die 23 Stimmen der ÖVP für die erforderliche Mehrheit reichen. Insgesamt gibt es 56 Abgeordnete im Landtag. Bei der Wahl zum Landeshauptmann bzw. zur Landeshauptfrau sowie zum Stellvertreter zählen nur gültige Stimmen.
Kritik an SPÖ
Zum am Vortag verkündeten Gesprächsstopp mit der SPÖ teilte ÖVP-Chefverhandler Jochen Danninger am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme mit: "Diese junge Wiener Truppe bei der SPÖ NÖ, die täglich den Preis für eine Zusammenarbeit weiter nach oben getrieben hat, hat das Ganze offensichtlich als Spiel gesehen. Aber mit Niederösterreich spielt man nicht."
Der designierte SPÖ-Landesparteivorsitzende Sven Hergovich sechs Bedingungen für eine Zusammenarbeit gestellt - von kostenloser Kindergarten-Ganztagsbetreuung bis zur Ausweitung eines Projekts zur Jobgarantie für Langzeitarbeitslose auf ganz Niederösterreich. Umfasst war auch die Forderung nach Finanz- und Personalverantwortung für Landesräte im jeweiligen Zuständigkeitsbereich. In einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" betonte Hergovich: "Bevor ich ein Übereinkommen unterzeichne, in dem nicht alle diese Punkte enthalten sind, hacke ich mir die Hand ab."
Ebner: "Forderungen der 20-Prozent-SPÖ"
Die Bedingungen seien "wohl gemerkt Forderungen der 20-Prozent-SPÖ, die nicht einmal in Ländern umgesetzt wurden, wo die SPÖ die absolute Mehrheit hat", meinte Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich: "Wäre Sven Hergovich Landesrat im Burgenland, hätte er keine Hände mehr."
"In der SPÖ NÖ sind viele neu, sie kennen Niederösterreich nicht, kommen aus dem Umfeld von Ex-Kanzler Christian Kern, der mit der ÖVP im Bund offene Rechnungen hat. Sie haben jetzt die Verhandlungen mit Maximalforderungen zum Scheitern gebracht und machen sich wohl auch bald wieder aus dem Staub", meinte Ebner.
Regierung nach dem Proporz-System
Die ÖVP hat bei der Wahl am 29. Jänner mit 39,93 Prozent nicht nur die Absolute im niederösterreichischen Landtag verloren. Erstmals ist für die Schwarzen auch die Mehrheit in der nach dem Proporzsystem gebildeten Landesregierung weg. Die Volkspartei stellt künftig vier, die FPÖ drei und die SPÖ zwei Mitglieder. Die Freiheitlichen erzielten mit 24,19 Prozent ein Rekordresultat und lösten die Sozialdemokraten auf Platz zwei ab. Wie die ÖVP fuhr auch die SPÖ (20,65 Prozent) ihr schlechtestes Ergebnis im Bundesland seit 1945 ein. Die Grünen erreichten mit 7,59 Prozent wieder Klubstärke, die Neos kamen auf 6,67 Prozent. (apa)