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Hoffen auf (mehr) Regen in Österreich

Von Barbara Sorge

Politik

Auch wenn die Situation dieses Jahr noch nicht kritisch ist, geht Österreich mit einem Wasserdefizit in die neue Saison.


Sieht man sich die Niederschlagskarte des Winters 2021/2022 im Vergleich zum Winter 2022/2023 an, könnte man denken, für den kommenden Sommer auf der sichereren Seite zu sein. Vor einem Jahr waren Teile der Osthälfte des Landes dunkel eingefärbt, also trockener, als es zu erwarten gewesen wäre. Dieses Jahr ist der Osten des Landes im Winter mit ausreichend Niederschlag versorgt worden. Dafür wird allerdings im Westen, vor allem für Vorarlberg, Tirol und Salzburg bis hinaus ins Salzkammergut, ein zum Teil massives Niederschlagsdefizit für die Monate Dezember, Jänner und Februar angezeigt.

Was das für den Sommer bedeutet, lässt sich für Klaus Haslinger, Leiter der Fachabteilung Klimasystem und -folgen bei der Geosphere Austria (vormals Zamg) noch nicht prognostizieren: "Das hängt sehr stark davon ab, ob es im Frühjahr ausreichende oder überdurchschnittliche Niederschläge gibt." Allerdings sei es als Startbedingung ungünstig, mit einem Defizit in den Frühling zu gehen. Denn die fehlende Schneedecke bewirkt bei der Schneeschmelze eine geringere Abflussmenge, die in weiterer Folge die Flüsse weniger speist.

Auch für die Grundwasserbildung sind Winterniederschläge wichtig, da in dieser Jahreszeit die Pflanzen inaktiv sind und durch die niedrigeren Temperaturen weniger Wasser verdunstet.

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Abhängigkeit von Niederschlägen steigt

Während der geringe Niederschlag im Winter - vor allem der fehlende Schnee - außerdem Auswirkungen auf den Tourismus hat, kann fehlender Regen im Frühling Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung haben. Für Josef Moosbrugger, Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammer (LKÖ), ist es zwar derzeit noch zu früh, um die Auswirkungen durch die Trockenheit auf die Ernte abschätzen zu können. Wichtige Kulturen wie Mais, Zuckerrüben, Soja oder Kürbisse, werden erst angebaut. "Faktum ist jedoch, dass wir mit deutlich weniger Winterfeuchte in die neue Vegetationsperiode starten. Wenn wir das Ganze mit einem Tank vergleichen, dann ist dieser zu Beginn der Saison schon recht leer. Das bereitet uns im Hinblick auf die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren klarerweise große Sorgen", so Moosbrugger.

Für eine Prognose, wie sich das Wetter in Österreich im Sommer gestalten wird und ob man das Trinkwasser rationieren muss, sei es laut Klimaforscher Haslinger Mitte März ebenfalls noch zu früh. Auch der Blick in die klimatologische Zukunft sei von großen Unsicherheiten geprägt, da die Modelle nicht alles fehlerfrei simulieren könnten. Es gibt die Tendenz zu feuchteren Wintern bei gleichbleibend bis weniger Niederschlag im Sommer. Insgesamt wäre das nur eine geringe Verschiebung in den Jahreszeiten. Doch durch die höheren Temperaturen wird mehr Feuchtigkeit verdunsten, die dann wieder nicht dem Boden zur Verfügung steht. Damit wird das System abhängiger von den Niederschlägen.

Auch stellt der immer frühere Beginn der Vegetationsperiode und das dadurch steigende Risiko für Spätfröste zum Beispiel bei Marillen- und Apfelblüten für die Landwirtschaft eine Herausforderung dar. Der Ackerbau lasse sich zwar zeitlich mehr steuern als Dauerkulturen, sagt LKÖ-Präsident Moosbrugger, "zu lange warten dürfen die Bäuerinnen und Bauern mit der Aussaat der Ackerkulturen aber auch nicht, da es immer rascher heißer und trockener wird. Bei der Keimung ist es wichtig, die noch vorhandene Feuchtigkeit zu nützen."

Manche Orte sind vulnerabel

Außerdem treten durch die milderen Winter auch Schädlinge immer früher und verstärkt auf. Die Landwirtinnen und Landwirte setzen daher etwa auf die Züchtung trockenheitsresistenter Sorten oder wasserschonende Bodenbearbeitungsmethoden, um auf die Bedingungen, die durch den Klimawandel immer herausfordernder werden, zu reagieren.

Insgesamt hätten wir in Österreich per se keinen Mangel an Wasser, sagt Klimatologe Haslinger. Allerdings gibt es Zeiten, Regionen und Orte, wo Mangel entstehen kann: "Im Osten Österreichs südlich von Wien sind die Grundwasserstände sehr niedrig, auch der Neusiedlerseestand ist sehr niedrig. Diese Orte sind vulnerabel." In weiterer Folge werde es darauf ankommen, Wasser in Überflusszeiten zu speichern oder überregionale Dürremanagementpläne zu erarbeiten.

Neben der Landwirtschaft hat die Trockenheit Auswirkungen auf die Forstwirtschaft. Hier zeigte eine Studie im vergangenen Jahr, dass Buchen in Europa im Laufe dieses Jahrhunderts gravierende Wachstumsrückgänge verzeichnen werden. Auch der Borkenkäferbefall wird zunehmend ein Problem, da er durch die Trockenheit zusätzliche Generationen produzieren kann. Daneben steigt die Waldbrandgefahr. In der Steiermark vernichtete am Sonntag ein Brand rund 3.000 Quadratmeter Wald, nachdem ein Pensionist zu Mittag heiße Asche am nahen Waldrand entsorgt haben dürfte.

Zu wenige Niederschläge führen auch zu zu wenig Wasser in den Flüssen, was die Schifffahrt in Bedrängnis bringt. Im vergangenen Jahr waren die Auswirkungen auf den Güterverkehr dramatisch. Zusätzlich kommt die Energieerzeugung durch Wasserkraft unter Druck.

Außerdem sind manche Industrie- und Gewerbebetriebe von Kühlwasser abhängig. Bei der Einleitung in einen Fluss darf es diesen nicht zu stark erwärmen - was bei hohen Temperaturen und Niederwasser ein Problem sein könnte, wie Haslinger erklärt.

Für die kommenden Tage ist Regen vorhergesagt, ob sich die Situation dadurch entspannt, hängt von der Niederschlagsmenge ab.