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Grantige Wiener

Von Christian Rösner

Politik

Bei ihrer Klubklausur wollte die Wiener SPÖ mit Themen punkten und sieht sich nun von Doskozil ausgebremst.


Noch ehe der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) die Katze aus dem Sack gelassen und die Absicht einer Kandidatur als SPÖ-Bundesvorsitzender verlautbart hatte (siehe Seite 3), begannen die Wiener Sozialdemokraten im Burgenland am Dienstag ihre Klubklausur.

Dabei wurden Kernthemen abgesteckt: Ein klares Nein zu einem Rechtsruck, ein 5-Punkte-Programm für leistbares Wohnen als Ersatz für die vom Bund bislang nicht umgesetzte Mietpreisbremse, ein 5-Punkte-Programm gegen Fachkräftemangel und Maßnahmen für eine umfassende Trinkwasser-Vorsorge Wiens. Die zweitägige Klausur des Wiener SPÖ-Landtagsklubs in der St. Martins Therme in Frauenkirchen setzte unter der Anwesenheit der SPÖ-Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner auf klassische SPÖ-Themen.

Das schwelende Hauptthema, nämlich der angesichts der Führungsfrage zerrüttete Zustand der Bundespartei, wurde zunächst - zumindest inhaltlich - tunlichst vermieden und diesbezüglich auf die am Mittwoch tagenden Bundesgremien verwiesen, bei denen möglicherweise ein vorgezogener Parteitag beschlossen werden wird. Der Führungsstreit offenbarte sich auf eine subtilere Weise. So etwa durch das Spielen des Tina-Turner-Hits "Simply the Best" beim Einzug in den Tagungssaal.

"Kein Rechtsruck"

Oder dadurch, dass Rendi-Wagner zum Auftakt der Tagung wohl in Richtung des burgenländischen Landeshauptmanns, der vor allem in Asylfragen einen strengen Kurs vertritt, eine klare Absage an einen Rechtsruck in ihrer Partei erteilte: "Man kann nicht ein bisserl rechts sein - man kann auch nicht ein bisserl schwanger sein", betonte die Parteichefin.

Oder durch das demonstrative Bekenntnis Michael Ludwigs zu Rendi-Wagner als Bundesparteivorsitzende: Er sei ein sehr loyaler Mensch, betonte der gewichtigste SPÖ-Landeshauptmann. "Rendi-Wagner ist gewählt worden und von daher verdient sie Unterstützung, weil sie sich bereit erklärt hat, in einer schwierigen Situation ganz vorne zu stehen. Deswegen werde ich sie auch weiterhin unterstützen, nachdem mir auch kein anderer . . .", erklärte Ludwig. Nachsatz: "Nachdem mir sonst kein sonstiger Kandidat oder sonstige Kandidatin bekannt ist, gibt es für mich auch keinen Zweifel, dass sich das über den nächsten Bundesparteitag hinausgehend auch nicht verändern wird." Man müsse gemeinsam alles dafür geben, dass Rendi-Wagner nach der nächsten Nationalratswahl Bundeskanzlerin werde, so Ludwig.

"Schaut leider so aus, als hätten wir die Pamela noch länger", meinte ein Parteifunktionär in der anschließenden Kaffeepause. Von weiblicher Seite kam wiederum viel mehr Unterstützung für die Parteivorsitzende: "Na stellt’s ihr euch da mal hin und tut’s euch das an."

In Wirklichkeit weiß hier in Frauenkirchen niemand, was in den Bundesgremien passieren wird. "Die Partei funktioniert pyramidenmäßig. Heute werden sich noch die Landesgremien über ihre Linie verständigen, die sie wiederum morgen in den Bundesgremien einbringen werden", hieß es aus der Partei.

Doch dann kam alles anders. Ludwigs Kollege vom Neusiedler See, Doskozil, sorgte mit seiner angekündigten Kandidatur für einen Paukenschlag. Der Bürgermeister zog sich mit seinen engsten Vertrauten, darunter Klubchef Joe Taucher, Landesgeschäftsführerin Barbara Novak und Pressesprecher Hanno Csisinko, ins Darwin-Zimmer der Therme zurück, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Manchen Wiener Genossen trieb Doskozils Vorpreschen Zornesröte ins Gesicht. "Das macht der nicht zufällig am Tag unserer Klausur. Damit fallen wir um unsere Themen um, weil jeder wieder nur über den Doskozil redet", so der Tenor. Seufzend meinte ein Mitglied der Stadtregierung: "Wir könnten als SPÖ so gut sein . . ."

Nach einer Stunde Beratungen mit seinem engsten Team gab Ludwig ein knappes Statement ab. Auch er befürchte, dass die Klausur wegen der Personaldebatte "nicht den Stellenwert findet, den sie verdienen würde". Er zeigte sich jedoch "erleichtert", dass sich Doskozil dazu entschlossen hat, für den Vorsitz der Bundespartei zu kandidieren, "damit diese anhaltenden personellen Debatten endlich beendet werden können".