Für Johanna Mikl-Leitner heißt es am Donnerstag erst einmal durchatmen. Sie wird ihr Ziel nach der niederösterreichischen Landtagswahl nun auch formal erreicht haben. Sie ist Landeshauptfrau und hat zusammen mit der FPÖ von Udo Landbauer eine Mehrheit in der niederösterreichischen Landesregierung.
Livestream zur konstituierenden Landtagssitzung ab 10 Uhr
Bei der konstituierenden Sitzung des niederösterreichischen Landtages werden die Weichen für die kommenden fünf Jahre gestellt: Zusätzlich zur Landeshauptfrau werden auch ihre Stellvertreter gewählt. Neben Stephan Pernkopf (ÖVP), der die Position schon jetzt bekleidet, ist auch FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer nominiert.
Das wird wohl die meiste Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Im Vorfeld der Landeshauptfrau-Wahl manövrierte sich die FPÖ in selbst gemachte Schwierigkeiten, kündigte man im Wahlkampf und selbst während den Koalitionsverhandlungen danach noch an, weder für Mikl-Leitner stimmen noch sie ermöglichen zu wollen. Zumindest im letzten Punkt gab es einen blauen Umfaller, Landbauer musste eingestehen, eine Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner nicht verhindern zu wollen, es steht eine ungültige Stimmabgabe der 14 FPÖ-Mandatare im Raum. Da nur gültige Stimmen zählen, reichen durch diesen Trick die 23 ÖVP-Stimmen, um Mikl-Leitner wieder zur Landeshauptfrau zu machen.
Proporz macht andere Wahlgänge zur Formalität
Unklar ist noch, wie die ÖVP mit dieser Beleidigung umgehen wird: Die hat im Vorfeld angekündigt, die Wahl Landbauers zu ermöglichen. Mit einer ungültigen Stimmabgabe wird das nicht gelingen, dafür hat die FPÖ zu wenige Vertreter und auch die Unterstützung anderer Parteien darf bezweifelt werden. Die ÖVP muss demnach für Landbauer stimmen, einen anderen Weg gibt es laut Landtagsdirektion nicht.
Die Wahl der Landesräte und des Landtagspräsidiums sind hingegen reine Formalitäten. Grund ist das Proporzsystem, das festschreibt, wie diese Ämter aufgeteilt werden. Bei einer sogenannten gebundenen Wahl kann man einem vorgegebenen Kandidaten nur die Zustimmung geben. Alles andere ist eine ungültige Stimme, es reicht also eine einzige gültige Stimme, um eine Person in einem Amt zu bestätigen. Wäre das nicht so, könnten ÖVP und FPÖ mit ihrer Mehrheit die Landesräte der SPÖ verhindern.
Ein Landesrat wandert von der ÖVP zur FPÖ, neben Udo Landbauer, der in Zukunft für Infrastruktur, Sport und die EU-Regionalförderungen verantwortlich sein wird, werden auch Susanne Rosenkranz und Christoph Luisser Landesräte werden. Rosenkranz übernimmt die Agenden Arbeitsmarkt, Behindertenhilfe, Natur- und Tierschutz. Luisser wird Landesrat für Sicherheit, Zivilschutz und Asyl.
Für den bisherigen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl bedeutet das das Aus in der Regierung. Er ist von der FPÖ als zweiter Landtagspräsident nominiert, obwohl er nach der Wahl im Februar noch ankündigte, sein Landesratsmandat behalten zu wollen.
Welche Agenden die SPÖ-Landesräte bekommen werden, wusste man am Tag vor der konstituierenden Sitzung noch nicht.
Kritik an ÖVP-FPÖ-Koalition will nicht verstummen
Unterdessen reißt auch die Kritik an der ÖVP-FPÖ Koalition nicht ab. Am Wochenende wurde Kritik aus den eigenen Reihen laut, die sich gegen Landbauers Verantwortungsbereich der EU-Regionalförderungen richteten. Der erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas wird im "Standard" mit den Worten "Das geht nicht" zitiert.
SPÖ, Grüne und Neos kündigten im Vorfeld an, weder für schwarze noch blaue Regierungsmitglieder stimmen zu wollen. Die Neos-Landeschefin Indra Collini meinte am Mittwoch: "Die ÖVP holt morgen die Ibiza-Koalition nach Niederösterreich." Sie erwarte sich ein "unwürdiges Wahlschauspiel" zwischen ÖVP und FPÖ. Die SPÖ begründeten ihr generelles Nein mit einem "Programm der sozialen Kälte", das Schwarz-Blau vorgelegt hätte. Die Grünen suchten am Dienstag unterdessen noch die Gespräche mit ÖVP, SPÖ und Neos, um Schwarz-Blau zu verhindern. Für Landesparteichefin Helga Krismer ist dieses Bündnis "eine Koalition der Gestrigen und der Ewiggestrigen". Findet man keine Alternative, gibt es auch keine grünen Stimmen für Mikl-Leitner.