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ÖVP-Generalsekretär befragt grüne Justizministerin

Von Patrick Krammer

Politik

Die Entfremdung zwischen den Koalitionsparteien führt auch zu kritischen parlamentarischen Anfragebeantwortungen.


Anfang Februar trudelte im Justizministerium von Alma Zadic (Grüne) eine eher ungewöhnliche parlamentarische Anfrage ein. Gestellt wurde sie vom Koalitionspartner. Gerade mit Blick auf das Koalitionsklima und Aussagen der Kanzlerpartei, die sich vor allem gegen grüne Interessen richten, ist die Anfrage besonders lesenswert. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker befragt die Justizministerin der türkis-grünen Regierung auf fünf Seiten. Er nutzt damit sein parlamentarisches Interpellationsrecht. Doch die Fragen lesen sich zum Teil wie Anschuldigungen und erinnern an Oppositionsanfragen.

Stocker will wissen, was Zadic denn nun mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu tun gedenke. Immerhin habe es im Juli und September des Vorjahres nicht nur vom Präsidenten der Wiener Rechtsanwaltskammer Kritik an der Behörde gegeben, sondern auch vom Präsidenten der Österreichischen Rechtsanwaltskammer. Die WKStA ermittelt immer noch gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und die ÖVP als Verband. Erst vergangene Woche gab es im Zuge der Ermittlungen Hausdurchsuchungen bei "Heute".

Vorwurfsvolle Fragen

Stocker formuliert die Fragen einerseits provokant. Worin Zadic bei der WKStA den großen Reformbedarf sehe, will er wissen. Und ob sie der Kritik zustimme, dass "die WKStA überschießend agiert, indem sie ganz Österreich unter den Generalverdacht der Korruption stellt?" Andererseits fragt er, weshalb "solch relevante Informationen" zur Verfahrensdauer nicht erhoben werden und welche Weisungen Zadic in diesem Zusammenhang erteilt habe.

Das Justizministerium ist in der Beantwortung oft um Sachlichkeit bemüht. Viele der Fragen werden mit Verweisen auf die Rechtslage und frühere parlamentarische Anfragen beantwortet, andere Antworten ausgelassen. Andere lesen sich, als würde man die Frage nicht ganz ernst nehmen: "Es bestehen im BMJ (Justizministerium, Anm.) keine Wahrnehmungen, wonach die WKStA ganz Österreich unter den Generalverdacht der Korruption stellen würde."

Eine weitere Skurrilität: Stocker ist nicht einmal der Justizsprecher seiner Partei, das ist Michaela Steinacker. Sie hat die Anfrage nicht mitunterschrieben, das waren ÖVP-Abgeordnete, die im ÖVP- und Ibiza-Untersuchungsausschuss gesessen sind.

Kratzbaum Nina Tomaselli

Dass die Anfrage von Abgeordneten des ÖVP-U-Ausschuss-Teams kommt, ist kaum überraschend: Die U-Ausschüsse entwickelten sich zu einer Art koalitionsfreier Raum. Die Grün-Abgeordnete Nina Tomaselli nahm in ihrer Arbeit auch keinerlei Rücksicht auf den Koalitionspartner - zum Ärger der ÖVP. Tomaselli wurde zur Reizfigur. ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger meinte zur "Wiener Zeitung" in einem Interview sinngemäß, dass es schwierig sei, mit jemanden zusammenzuarbeiten, die im U-Ausschuss derart auf Konfrontation gehe. Das schwappt nach Ende des U-Ausschusses nun auf die Regierungsarbeit über: Auch die Grünen haben immer weniger Probleme, ihre Unzufriedenheit mit dem Koalitionspartner öffentlich zu thematisieren. Tomaselli gab der ÖVP die Schuld am Scheitern der Mietpreisbremse, die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer wiederholte die Kritik wenig später.

Zadic wurde hingegen schon im ÖVP-U-Ausschuss vom Koalitionspartner angeschossen: Die ÖVP hält in ihrem Fraktionsbericht fest, dass "Ermittlungsverfahren durch Weisungen der Bundesministerin politisch beeinflusst" worden wären.