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Konterangriff über links

Von Georg Hönigsberger

Politik

Andreas Babler präsentierte sein Programm: "Wir sind keine Bittsteller."


Im Fußball spricht man neuerdings immer wieder vom "Momentum". "Wir müssen das Momentum nützen", etwa. Momentum steht im Englischen für Impuls. Es geht beim Kicken also darum, den Impuls zu nützen, wenn "ein Ruck durch die Mannschaft geht", um den Gegner am Feld gehörig unter Druck zu setzen. Vielleicht erlebt die Sozialdemokratie soeben so ein Momentum, angeführt vom linken Flügelflitzer Andreas Babler.

Der präsentierte am Mittwochabend sein Programm. In einem ehemaligen Fabriksgelände in seiner Heimatstadt Traiskirchen, der er auch als Bürgermeister vorsteht. Ein Heimspiel also vor "ausverkauftem" Haus. Doch nicht nur Fans aus Traiskirchen (bei der Gemeinderatswahl 2020 hatte Bablers SPÖ fast 72 Prozent erreicht), sondern auch Interessierte aus der Umgebung kamen Babler-Schauen. "Der kann was bewegen", meinte ein 58-jähriger Ex-Hotelier, der kürzlich der SPÖ beigetreten ist. "Ich finde seine Ideen interessant", erklärte ein AHS-Lehrer gegenüber der "Wiener Zeitung".

Bablers Ziel: Die SPÖ wieder zur dominanten Kraft in der österreichischen politischen Meisterschaft zu machen. Davor muss er aber innerhalb seiner Mannschaft die Kapitänsschleife, den Bundesparteivorsitz, verliehen bekommen. Das will er bei der SPÖ-Mitgliederbefragung und dem Parteitag am 3. Juni erreichen; als einer, der sich der Fan-Basis näher sieht als der Funktionärsriege in den Vorstandsetagen des Klubs. "Es ist keine Schande, wenn man aus einer Hacklerfamilie kommt und für den Vorsitz der Partei kandidiert."

Klassische SPÖ-Themen

Bei der Programm-Präsentation wurde klar, wie Babler das Spiel anlegen würde. Ein Offensivspektakel soll es sein, klassische sozialdemokratische Themen sollen in den Vordergrund gespielt werden. Gespickt mit Erinnerungen an seine Familie und eigenen Erfahrungen legte der 50-Jährige nicht nur sein Programm in gedruckter Form vor, sondern auch sein Politikverständnis dar.

Er spricht über gerechte Bezahlung, Verkürzung der Arbeitszeit, Gleichstellung von Männern und Frauen und die soziale Komponente des Klimawandels. "Wir sind keine Bittsteller, wenn wir um unseren Planeten kämpfen. Kinder sind keine Bittsteller, es braucht eine einkommensorientierte Kindersicherung." Babler fordert einen Rechtsanspruch auf Pflege und "ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin" und den Ausbau der Gesundheitsversorgung.

Die SPÖ sei eine Bewegung, die "um die Rechte für unsere Leute kämpft", oder müsse vielmehr wieder dazu werden. "3,9 Millionen Lohnabhängige in diesem Land" seien keine Bittsteller, wenn sie fairen Lohn und faire Arbeitsbedingungen fordern. Zudem müsse es ein "Recht auf leistbares Wohnen" geben. Die Politik müsse eingreifen und den "Leerstand bekämpfen, der künstlich die Preise in die Höhe treibt".

Mit Steuern steuern

Seine Projekte wolle Babler mit einer "Steuerpolitik, die wirklich steuert", umsetzen: Vermögenssteuer für die reichsten 4 Prozent der Bevölkerung, Wiedereinfügung der Erbschaftssteuer ab einer Million Euro, Anhebung der Körperschaftssteuer, Schließung von Steuerschlupflöchern und eine Finanztransaktionssteuer, die die EU umsetzen müsse.

Dass die FPÖ in Bablers Ausführungen "Klassenkampf" ortet, dürfte er eher als Auszeichnung denn als Makel sehen. An das Publikum und die eigene Partei gerichtet, meinte Babler: "Um das geht‘s jetzt, diese Leidenschaft zu zeigen: Wir sind an eurer Seite, wir kämpfen miteinand’." Die SPÖ sei "unsere Bewegung, nicht die von irgendwelchen Spindoktoren und Taktierern".

Jetzt muss Babler die Parteimitglieder überzeugen, dass er jener Teamplayer ist, der die Bundes-SPÖ wieder in Strafraumnähe bringt. Diese präsentiert sich derzeit eher als Mannschaft, in der viele versuchen, die eigenen Mitspieler zu überdribbeln, statt einmal den entscheidenden Pass zu spielen und einem Parteigenossen ein Tor zu vergönnen.