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Fehler der Vergangenheit

Von Patrick Krammer

Politik

Das Heer sieht erhöhte Gefahrenpotenziale und fordert den Abbau des Investitionsrückstaus.


Um das österreichische Bundesheer steht es schlecht. Diese Botschaft ist nicht neu, mit ihr konnte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) das Budget des Heeres in dieser Legislaturperiode erhöhen. Bekam man bis 1989 noch ein Prozent des Bruttoinlandproduktes, waren es 2015 nur noch 0,5 Prozent. Die Ausrüstung veraltete, konnte weder instand gehalten noch ersetzt werden. Die Kampfpanzerflotte sank um 50 Prozent, von ursprünglich sechs Fliegerabwehrbataillonen gibt es nur mehr eines - und das ist technisch eingeschränkt. Die veralteten Saab-105-Flugzeuge mussten in Pension geschickt werden, über Nachfolgemodelle gibt es noch keine Entscheidung. Dazu kommen ständige Reformprozesse, denen meist das Geld fehlte.

Das alles steht im ersten Landesverteidigungsbericht des Bundesheeres, den Tanner dem Nationalrat vorgelegt hat. Darin wird festgestellt, dass das Bundesheer derzeit nicht in der Lage sei, erwartbare Bedrohungen abzuwehren. Und diese Bedrohungen würden zunehmen. Im vergangenen Risikobild, das 2020 erstellt wurde, ging man von einer sich in den nächsten zehn Jahren verschlechternden Sicherheitslage für Österreich aus. Mit dem russischen Angriffskrieg habe sich dies bestätigt, so das Bundesheer.

Rückkehr "konventioneller militärischer Bedrohungen"

Die Gefahrenlage sei zudem keine rein militärische, sondern eine hybride, nicht nur von staatlichen, sondern auch nicht-staatlichen Agitatoren ausgehend. Russlands Krieg gegen die Ukraine zeige, dass die Bedrohung eines "konventionellen militärischen Angriffs" zurück sei. Österreich müsse sich nicht nur gegen physische Angriffe wie Cyberattacken, sondern auch gegen Attacken auf die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wappnen.

Mit Bezug zu den Regierungsplänen, eine neue Sicherheitsstrategie auszuarbeiten, meinte auch Michael Zinkanell, Direktor des sicherheitspolitischen Instituts AIES, zur "Wiener Zeitung", dass man sich gegen digitale Hackangriffe und Desinformationskampagnen wappnen müsse.

"Die militärischen Kernfähigkeiten des ÖBH (Österreichischen Bundesheeres, Anm.) sind als Folge der jahrelangen budgetären Unterdotierung, mit wenigen Ausnahmen, drastisch eingeschränkt", steht im Bericht. Derzeit sei man nur in der Lage einen ersten Angriff, aber keinen nachhaltigeren abzuwehren. Das Heer müsse sich demnach wieder auf seine primäre Aufgabe, die Landesverteidigung, besinnen. Dafür fordert es eine mittelfristige "Anhebung des Budgets für die militärische Landesverteidigung auf zunächst 1% danach anwachsend auf 1,5%" des Bruttoinlandsprodukts (BIP)". Das zusätzliche Budget sollte "in den Kernbereichen Mobilität der Einsatzkräfte, Schutz und Wirkung sowie Autarkie und Nachhaltigkeit" eingesetzt werden. So soll das Heer künftig für 14 Tage autark einsatzfähig bleiben können. Bis 2032 will das Verteidigungsministerium 500 Millionen Euro in Infrastruktur investieren.

Ein weiteres identifiziertes Problem ist die immer kürzer werdende Vorwarnzeit, das Heer müsse deshalb "rascher und flexibler" werden, stellt es in seinem Risikobild fest. Dafür sollen nicht nur die Milizkräfte weiterentwickelt, sondern eigene "Reaktionskräfte" aufgestellt werden.

Bis 2026 fehlen 5,2 Milliarden Euro

Der Landesverteidigungsbericht ist der erste seiner Art, ein dementsprechendes Gesetz wurde im Dezember 2022 verabschiedet. Darin legt das Bundesheer einen Fahrplan vor, wie man, über diese Regierungsperiode hinaus, langfristig investieren sollte. "Die Entwicklung von militärischen Fähigkeiten ist komplex und deren Aufbau benötigt Zeit, was langfristige Planungssicherheit für die Umsetzung erfordert", steht im Vorwort.

Diese Planung geht bis 2032 und stellt das im derzeitigen Finanzierungsplan vorgesehene Budget des Heeres mit dem gegenüber, was das Heer laut Eigenangabe benötigt, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Bis 2026 kommt es auf eine Differenz von 5,2 Milliarden Euro, bis 2032 fehlen sogar 20,8 Milliarden.