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Koalition fixiert Aus der "Wiener Zeitung"

Politik

Der Gesetzesentwurf wurde am Mittwoch im Verfassungsausschuss beschlossen. Wie es nun weitergeht.


Vor genau sechs Monaten ist ein Ministerialentwurf zur Neuaufstellung der "Wiener Zeitung" in Begutachtung geschickt worden. Der nun überarbeitete Entwurf ist Ende März als Initiativantrag in den Nationalrat eingebracht und trotz massiver Kritik am Mittwoch im Verfassungsausschuss mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen worden.

Doch was bedeutet dieser Beschluss unmittelbar für die "Wiener Zeitung", die Belegschaft - und für Sie als Leserin und Leser?

Was wurde zur "Wiener Zeitung" beschlossen?

Der Verfassungsausschuss stimmte über die das sogenannte WZEVI-Gesetz ab, das ab 1. Juli das bisherige Staatsdruckereigesetz ablösen soll. Dieses regelt seit 1998 die Herstellung und Erscheinung der "Wiener Zeitung". Die SPÖ hat zwei verschiedene Anträge zum Erhalt der "Wiener Zeitung" eingebracht, ein von den Neos betriebener, aber im Jänner vertagter Antrag, der die "finanzielle und politische Unabhängigkeit" der "Wiener Zeitung" fordert, wurde ebenfalls diskutiert. Keiner dieser Anträge fand im Ausschuss eine Mehrheit.

Was wurde sonst noch beschlossen?

Der Beschluss des WZEVI-Gesetzes war Teil eines größeren Medienpakets der türkis-grünen Bundesregierung. Im Verfassungsausschuss wurde außerdem eine neue Förderung für Qualitätsjournalismus sowie ein neues Medientransparenzgesetz beschlossen, das mehr Einblick in die Inseratenvergabe durch die öffentliche Hand ermöglichen soll. Alle drei Gesetzesvorhaben wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen, die Opposition stimmte dagegen. Die Neos begründeten ihre Ablehnung etwa mit zu wenig scharfen Förderungskriterien beziehungsweise zu wenig weitreichenden Verbesserungen bei der Transparenz.

Abgesehen davon wurde auch die Einrichtung einer Stiftung "Forum Verfassung" von ÖVP, Grünen, SPÖ und Neos gemeinsam beschlossen. Diese soll vor allem dazu dienen, die Bevölkerung niederschwellig über die Grundsätze der Verfassung und die Arbeit des Verfassungsgerichtshofs zu informieren.

Was hat sich an dem Entwurf geändert?

Bisher nur sehr wenig, obwohl das Begutachtungsverfahren, das Ende November endete, insgesamt negativ ausgefallen war. Es war dabei nicht nur das Ende der Tageszeitung kritisiert worden. Es gab auch (datenschutz-)rechtliche Bedenken sowie legistische und medienpolitische Kritik, wie etwa die finanziell üppige Ausstattung des MediaHub für Journalismusausbildung, der nicht Teil der Redaktion ist und daher auch nicht von ihrem Statut umfasst ist. Der Rechnungshof hatte sich an der Finanzierung gestoßen, Bundesländer sowie Städte- und Gemeindebund lehnten wiederum das neue Datenregister EVI ab, da sie selbst - mit dem Bund - an einer ähnlichen Datenbank arbeiten. Auch die Redaktion der "Wiener Zeitung" brachte damals eine umfassende Stellungnahme ein.

Die anschließenden Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen dauerten fünf Monate, es wurden aber eher kosmetische Anpassungen vorgenommen, sowie einige datenschutzrechtliche. Die Kritik der Redaktion wurde in zwei Punkten gewürdigt: Erstens soll nun ein Redaktionsstatut gesetzlich verankert werden und zweitens das neue Medium "journalistischen Qualitätsstandards" entsprechen. Im ersten Entwurf war vergessen worden, die "Wiener Zeitung" als journalistisches Produkt zu verankern.

Weitere Änderungen: Der "MediaHub" der Wiener Zeitung GmbH soll nicht mehr, wie zunächst vorgesehen, "Weiterbildung" für junge Journalistinnen und Journalisten anbieten, sondern ein "unabhängiges Praxisprogramm". Er soll auch nicht mehr "Medienkompetenz" vermitteln - diesen Bundesauftrag hatten RTR und KommAustria in der Begutachtung für sich reklamiert - sondern "Medienwissen". Neu ist auch ein Beirat, der die GmbH zum MediaHub und der Auswahl der Trainees beraten soll. Aus den Erläuterungen, nicht aus dem Gesetz, geht hervor, dass zwei Personen des Beirats von der Wiener Zeitung GmbH nominiert werden und eine davon aus der Redaktion kommen muss.

Was bedeutet das für die Wiener Zeitung?

Die Tageszeitung wird letztmalig am 30. Juni erscheinen, sollte sich am Entwurf an seinem weiteren Weg durchs Parlament nicht dahingehend noch etwas ändern. Ab dem 1. Juli wäre das neue Gesetz ("WZEVI") gültig. Während andere Teile des Gesetzes mit diesem Tag in Kraft zu setzen, hat das Unternehmen bis zum 31. Dezember Zeit, die neue "Wiener Zeitung" vollumfänglich umzusetzen. Es ist jedoch ein fließender Übergang geplant.

Das neue Online-Medium befindet sich noch in Entwicklung. Dazu wurde vor Weihnachten von der Geschäftsleitung ein Produktentwicklungsteam eingesetzt. In dieses wurden auch fünf Redakteure bestellt, die sich seither vollumfänglich mit dieser Neuaufstellung beschäftigen. Die Chefredaktion ist in diese Entwicklungsarbeit nicht eingebunden.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes wird auch das Amtsblatt der "Wiener Zeitung" eingestellt. Die GmbH erhält dann über öffentliche Aufträge Bundesmittel von 16,5 Millionen Euro brutto, um die im Gesetz vorgesehenen öffentlichen Aufträge zu erfüllen: Die EVI-Datenbank als Nachfolgerin des Amtsblattes; das neue Medium; der MediaHub. Für die Redaktion sind daraus 7,5 Millionen Euro brutto vorgesehen - zu wenig für die gedruckte Zeitung in ihrer bisherigen Form.

Was bedeutet das für die Redaktion?

Im Entwurf wird die Wiener Zeitung GmbH angewiesen, am Tag nach der Kundmachung "alle Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen", damit den öffentlichen Aufträgen entsprochen werden kann. Zwar hatte Medienministerin Susanne Raab bei der Präsentation des Vorhabens erklärt: "Jeder Mitarbeiter bekommt die Möglichkeit, sich im neuen Geschäftsmodell zu beteiligen." Doch danach sieht es derzeit nicht aus: Im gesamten Unternehmen wird es zu Kündigungen kommen, die Redaktion wird davon ebenfalls erheblich betroffen sein. Ein Sozialplan ist derzeit in Vorbereitung.

Wie geht es nun im Parlament weiter?

Kommende Woche, vermutlich am Donnerstag, wird sich das Plenum mit dem Gesetzesentwurf zur "Wiener Zeitung" sowie dem Medientransparenzgesetz befassen. Im Fall eines Beschlusses muss noch der Bundesrat am 11. Mai seinen Sanktus geben und das Gesetz kundgemacht werden. Änderungen können noch bis zum Beschluss der Länderkammer vorgenommen worden. (sir)