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"White Milk" an BVT-Direktor vorbei

Politik

In seiner Befragung gab der frühere Direktor an, nicht informiert worden zu sein.


Im Prozess um Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), die Amtsmissbrauch begangen haben sollen, sagte der damalige Direktor des BVT Peter Gridling aus. Den Angeklagten wird vorgeworfen, in einer Kooperation mit dem israelischen Geheimdienst einen syrischen General nach Österreich gebracht zu haben. Dabei sollen sie das Asylverfahren manipuliert haben. Dem General Khaled H. wird unterdessen vorgeworfen, dass in einem Gefängnis in Al-Raqqa, das er geleitet hat, gefoltert worden ist. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt derzeit, für Khaled H. gilt die Unschuldsvermutung.

Der frühere BVT-Chef Gridling sagte in seiner Befragung aus, dass er während der laufenden Kooperation nicht über "White Milk" informiert worden sei. Vielmehr sei die Kooperation mit dem israelischen Geheimdienst von seinem damaligen Stellvertreter Wolfgang Zöhrer zugesagt und den Angeklagten ausgearbeitet und umgesetzt worden. Eine Verpflichtung, über diese Kooperation informiert zu werden, gebe es laut dem nun pensionierten Gridling zwar nicht, ihn "zu informieren wäre im Sinne der Gesamtverantwortung wohl notwendig gewesen". Den Grund für die fehlende Information kann er sich nicht erklären, vermutet aber, dass es etwas damit zu tun habe, dass er so eine Kooperation auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft hätte. "Das ist ja kein Selbstzweck", so Gridling.

Kooperation 2018 beendet

Das sei auch nicht das einzige Mal gewesen, dass sein Stellvertreter ihn nicht informierte. Gridling berichtete auch von Schreiben an Gridlings Vorgesetzten, den Generaldirektor für Sicherheit, von denen er erst im Nachhinein erfahren habe.

Auch deshalb dürfte das Verhältnis zwischen Gridling und Zöhrer nicht das beste gewesen sein. Man habe kein sonderlich enges Verhältnis gehabt, so Gridling, was auch an der Position Zöhrers lag. Er hatte als Stellvertreter ungewöhnlich weitgehende Aufgabenbereiche, dafür war allerdings das Innenministerium und nicht der BVT-Direktor zuständig. Generell berichtete der frühere BVT-Chef von einem angespannten Verhältnis mehrerer involvierter Personen über die Operation "White Milk" hinaus. So habe es zwischen Zöhrer und dem angeklagten Spionagechef M.W. immer wieder Machtkämpfe gegeben, auch der ebenfalls angeklagte Referatsleiter B.P. sei hier immer wieder aufgefallen.

Zum ersten Mal habe er von der Vereinbarung mit dem israelischen Nachrichtendienst gehört, als die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sich im Zuge ihrer Ermittlungen an das BVT wandte. Die Operation beendet hat schlussendlich Gridling selbst. Im Oktober 2018 war die Sache schon öffentlich bekannt und es habe keinen Grund mehr für eine Kooperation gegeben, so Gridling.

Aktenübergabe in Causa "Tulpe" nicht ungewöhnlich

Nach Gridling war die frühere Leiterin des Extermismusreferats geladen. Sie wurde zur Causa "Tulpe" befragt. Dabei geht es um einen anderen syrischen Asylwerber, der zur gleichen Zeit wie der General in Al-Raqqa war, und möglicherweise Informationen zu ihm hatte. Auch gegen ihn gab es den Verdacht auf Kriegsverbrechen, weshalb das Extremismusreferat zuständig war, da dort auch wegen Kriegsverbrechen ermittelt wird. Der angeklagte Spionagechef B.P. wollte den Asylwerber aber zuerst durch seine Mitarbeiter befragen lassen, die Referatsleiterin gab ihm den Akt ab. Zu der Zeit habe sie 20 Akte am Tag bekommen, sie sei froh gewesen, wenn sie einen abgeben konnte.

Die Referatsleiterin wurde im Juli 2018 dann gebeten die Vorwürfe gegen Khaled H. zu überprüfen. Dafür sollte ihr ein Mitangeklagter alle Akte und Dokumente zu dem General geben. Vor Gericht zweifelte sie an, dass sie alles bekommen habe. Sie vermutete vor Gericht, dass er die ganzen Materialien erst zusammensuchen musste.

Stellvertretender Abteilungsleiter hatte kaum Wahrnehmungen

Auch der damalige Stellvertreter des Abteilungsleiters M.W. sagte aus. Er habe damals ein "freundschaftliches" Verhältnis zu M.W. gehabt, dass sich nach den Enthüllungen in der BVT-Affäre verändert hätte. Zur Operation "White Milk" konnte er wenig sagen. Er habe weder die Kooperationsvereinbarung gesehen, noch sei die Operation im Fokus gestanden. Es sei vielmehr ein "Randthema" gewesen.

M.W. ist bei der Verhandlung am Landesgericht für Strafsachen freilich nicht anwesend. Er ließ ein Attest vorlegen, das sagte, er könne gesundheitlich nicht teilnehmen. Die WKStA stellte daraufhin den Antrag auf ein externes Gutachten, um die Angaben zu überprüfen. M.W. wurde aus dem Verfahren ausgeschieden, damit sich der Prozess für die weiteren vier Angeklagten nicht nach hinten verschiebt. (pak)