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ÖVP kämpft gegen Landeshauptmann-Fluch

Von Georg Hönigsberger

Politik

Die drei jüngsten Regionalwahlen gingen für die amtierenden Landeschefs krachend verloren.


Egal ob Tirol, Niederösterreich oder Kärnten - die Landtagswahlen der vergangenen Monate brachten allesamt große Verluste für jene Parteien, die den Landeshauptmann, die Landeshauptfrau stellten. Rund zehn Prozentpunkte minus verbuchten Anton Mattle (ÖVP), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Peter Kaiser (SPÖ) bei den bislang letzten regionalen Urnengängen. Am Sonntag dürfte in Salzburg der Trend prolongiert werden. Der ÖVP von Landeshauptmann Wilfried Haslauer werden von Experten und in Umfragen Verluste prognostiziert, die aber glimpflicher ausfallen könnten, als in den drei eingangs genannten Ländern. Einen Rückgang von 37,8 auf 33 Prozent wurde der Salzburger Volkspartei in einer OGM-Umfrage vorausgesagt, die allerdings Mitte März, noch vor Wahlkampf-Beginn, durchgeführt worden war.

Die starken Verluste der amtierenden Landeshauptleute bei den jüngsten Wahlen seien der schwierigen Ausgangslage geschuldet, sagt Haslauer: "Es gibt eine diffuse Proteststimmung, mit hoher Inflation, hohen Zinsen und einem Krieg, den keiner für möglich gehalten hat. In so einer Situation herrscht viel Unsicherheit, Angst und Sorge - und da haben diejenigen Hochsaison, die für alles ganz einfache Erklärungen haben und gleich Schuldige mitliefern."

ÖVP bald wieder auf Partnersuche

Dass Haslauer Nummer eins im Land bleibt, bezweifelt kein politischer Beobachter. In seiner dritten Amtszeit ist er aber erneut auf Koalitionspartner angewiesen. Bislang arbeitete er mit Grünen und Team Stronach (ab 2013) sowie Grünen und Neos (ab 2018) in Dreier-Koalitionen zusammen. SPÖ und FPÖ hatte die Salzburger Volkspartei bislang die kalte Schulter gezeigt.

Koalitionsansagen vor dem Urnengang am 23. April meidet der Salzburger ÖVP-Chef. Mit wem eine Zusammenarbeit nach der Wahl möglich sei, hänge letztlich von den Stärkeverhältnissen, einem Sachprogramm, auf das man sich einigen kann, und den Personen ab. "Mit Leuten, die permanent dagegen arbeiten, ist eine Koalition von Anfang an zum Scheitern verurteilt."

Den Usancen entsprechend werde die ÖVP nach den Wahlen mit allen Parteien im Landtag reden. Rote Linien gäbe es aber: Anders als die ÖVP in Niederösterreich lehnt Haslauer eine Refundierung von Corona-Strafen und eine Abkehr vom Werben fürs Impfen entschieden ab. Doch das hätten die niederösterreichischen Türkisen/Schwarzen vor der Wahlniederlage und der folgenden Zusammenarbeit mit der FPÖ wohl auch behauptet.

Zwei Schellhorns gingen verloren

Der nach den Parteifarben Schwarz, Grün und Pink benannten "Dirndl-Koalition" steht ein Verlust der Mehrheit bevor, die mit 21 von 36 Mandaten nur knapp abgesichert ist. Grünen und Neos sind zudem ihre Schellhorne abhandengekommen. Sepp Schellhorn, Aushängeschild und Wahlkampfmotor der Salzburger Pinken, hat sich vor zwei Jahren aus der Politik zurückgezogen. Die Grünen gingen ihres Spitzenkandidaten im vergangenen September verlustig. In Folge des Pflegeskandals legte der Grüne Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn sein Amt nieder. Martina Berthold wechselte von der Stadt zurück ins Land, folgte ihm als Landes-Vize und führt nun die Partei in die Wahl. "Die neun Prozent im Jahr 2018 waren das beste Ergebnis, das die Grünen bisher erzielt haben", sagt der Salzburger Politikwissenschafter Armin Mühlböck. "Wenn man von dem vollkommen überhitzten Ergebnis im Jahr 2013 absieht." Damals waren sie auf 20 Prozent hinaufgeschnellt. Wenn die Grünen das Ergebnis von 2018 halten, "können sie das als Erfolg verbuchen", erklärt Mühlböck.

Die Neos hatten - wie auch die Grünen - bei der Erstellung der Kandidaten-Liste mit inneren Querelen zu kämpfen. Die APA notierte damals, dass es "offenbar Rekrutierungsprobleme gibt, denn hinter Landessprecherin Andrea Klambauer findet sich auf den Plätzen 2 bis 6 exakt das halbe Büro der Neos-Landesrätin." Zuvor war der eigene Klubobmann in Landtag von den zwei anderen Neos-Mandataren abgewählt worden und zur ÖVP gewechselt. "Da gab es einen Kurskonflikt, einen Strategiekonflikt, wie man sich in der Landesregierung profilieren kann", sagt Politologe Mühlböck.

Beide Juniorpartner hoffen, am Sonntag mehr Stimmen als beim Wahlgang 2018 zu lukrieren. Aber auch für sie weist der Trend eher leicht nach unten. Bei den Neos steht möglicherweise der Wiedereinzug in den Landtag auf dem Spiel.

FPÖ im Aufwind, SPÖ rutscht ab

Nutznießer der schwächelnden Landeshauptleute-Parteien war in den jüngsten Wahlgängen die FPÖ. Dies dürfte auch in Salzburg der Fall sein. Rund 25 Prozent wurden ihr prognostiziert. "Selbst in den Hoch-Zeiten der FPÖ Ende der 1990er-Jahre ist sie bei Landtagswahlen in Salzburg nie über 20 Prozent gekommen. Das wäre diesmal das historisch beste Ergebnis", sagt Mühlböck. Spitzenkandidatin Marlene Svazek glaubt, dass bei der Regierungsbildung kein Weg an ihrer Partei vorbeiführe: "Ich wäre eine schlechte Spitzenkandidatin, würde ich nicht den Anspruch stellen, stärkste Kraft zu werden. Das ist in Salzburg nicht unmöglich."

Wie in Tirol und Niederösterreich auf Platz drei abzurutschen, droht wiederum den Sozialdemokraten. Spitzenkandidat David Egger ist Vizebürgermeister in Neumarkt am Wallersee und Mitglied des Bundesrates. Er ist erstmals Spitzenkandidat der Salzburger SPÖ. Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer glaubt, dass der Streit um den Bundespartei-Vorsitz Egger Stimmen kosten wird. Der Experte vermutet, dass wegen des Richtungsstreits der Bundespartei ein Teil der SPÖ-Wähler im Land damit liebäugeln könnte, die KPÖ zu wählen.

Für diese scheint der Einzug in den Landtag möglich, in dem sie nur zwischen 1945 und 1949 vertreten war. Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl hat die KPÖ Plus bei den Stadtwahlen 2019 in den Salzburger Gemeinderat geführt. Soll ihm das Kunststück auch mit dem Landtag gelingen, müsste er seine Stimmen auf zumindest 12.000 versechsfachen. "Die Hürde ist enorm", erklärt Mühlböck. Es sei aber durchaus möglich, dass "die KPÖ Plus der SPÖ Stimmen abknabbert oder ehemalige SPÖ-Wähler, die 2018 nicht gewählt haben, gewinnen kann". 2018 war die KPÖ noch klar gescheitert, damals aber nur in zwei der sechs Bezirke angetreten.

Protestparteien dürften chancenlos sein

Kaum Chancen, in den Chiemseehof einzuziehen, sieht der Salzburger Politologe Armin Mühlböck für zwei Corona-Protestparteien MFG und WIRS. Man hätte "die Möglichkeit gehabt, sich zu einer allgemeinen Protestpartei zu entwickeln, was nicht gelungen ist. Es gab interne Konflikte in einem hohen Ausmaß, sogar eine Abspaltung mit ,Wir Sind Salzburg‘. Also das wird schwierig für diese beiden Parteien."

386.947 Wahlberechtigte können am Sonntag im Land Salzburg zu den Urnen schreiten. Erste Hochrechnungen werden für kurz nach 17 Uhr erwartet, nachdem auch das letzte Wahllokal in Maria Alm im Pinzgau geschlossen worden ist.