Es war eine Welle der Solidarität und Empörung. Hunderte Unterstützer der "Wiener Zeitung" sind am Dienstagabend durch die Wiener Innenstadt gezogen, um gegen die Einstellung der Printausgabe der ältesten noch erscheinenden Tageszeitung der Welt und für den Erhalt von Qualitätsjournalismus zu demonstrieren. Mit Pfeifen und Sprechchören machten sie lautstark auf ihr Anliegen aufmerksam, viele von ihnen hielten Ausgaben der "Wiener Zeitung" in die Höhe, manche hatten sogar Artikel der "Wiener Zeitung" auf Plakate geklebt.
Organisiert wurde der Protestzug, der von der Albertina zum Kanzleramt führte, von den Initiatoren der Online-Petition "Retten Sie die Wiener Zeitung vor dem Aus!" und der Initiative Baukultur für Medienvielfalt. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Ballhausplatz meldeten sich erneut zahlreiche prominente Unterstützer der "Wiener Zeitung" zu Wort.

So fand der frühere EU-Kommissar Franz Fischler deutliche Worte für ÖVP-Medienministerin Susanne Raab und die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger. "Woher nehmen sich die ahnungsvollen Leuchten des Politikgewerbes, Frau Raab und Frau Blimlinger, das Recht und die Frechheit, dieser 320 Jahre alten Institution den Garaus zu machen?", fragte Fischler. "Die Demokratie in Österreich ist nicht mehr in dem Maße gesichert, wie sie es einmal war", betonte der einstige ÖVP-Minister.
"Österreich rutscht im Pressefreiheitsindex ab - da ist Feuer am Dach", sagt @Hausjell bei der Demo zugunsten der @WienerZeitung. "Lassen Sie nicht nach, noch ist die @WienerZeitung nicht ermordet", sagt er. @pressefreiheit pic.twitter.com/QTJLTDh2Fs
Thomas Seifert (@thomasseifert) April 25, 2023
Auch der Medienwissenschaftler Fritz Hausjell schlug diesen Bogen. Gerade bei einem "demokratiepolitisch so essenziellen Thema" wie der Medienpolitik sei die geplante Einstellung der "Wiener Zeitung" ein weiterer fataler Schritt - auch in Anbetracht der Nachrichten über Message Control und Inseratenkorruption.
Starke Rückendeckung für die "Wiener Zeitung" kam auch wieder von Literaten. Botschaften des Romanciers Robert Menasse und von Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek wurden verlesen. Menasse ging vor allem mit den Grünen hart ins Gericht. Sie hätten kein Klimapaket durchbekommen, aber die "Wiener Zeitung" abgeschafft - "weil die ÖVP wollte". Und Jelinek betonte: "Wer Zeitungen abschafft, schafft auch am Ende Menschen ab."
Gerhard Ruiss von der IG Autoren: "Die @WienerZeitung ist ein Gradmesser der Demokratie." pic.twitter.com/Q68XLGHA4H
Thomas Seifert (@thomasseifert) April 25, 2023
Auch Gerhard Ruiss, Geschäftsführer von IG Autorinnen Autoren, versicherte der "Wiener Zeitung" die Solidarität seiner Organisation. Diese werde bei der Leipziger Buchmesse eine Trauerminute abhalten, sollte das Gesetz zur Abschaffung der Zeitung heute, Donnerstag, tatsächlich den Nationalrat passieren. "Wir geben nicht auf!", betonte Ruiss. Sollte die "Wiener Zeitung" abgeschafft werden, "dann wird sie eben wiederkommen müssen!" (red.)