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Höhere Bildung als Motor für die Bildungskarenz

Von Georg Hönigsberger

Politik

Vor allem Frauen zieht es in die Weiterbildung, die aber auch berufliche Risiken birgt, wie der RH feststellt.


Der Rechnungshof nahm in seinem am Freitag präsentierten, jüngsten Bericht das staatliche Weiterbildungsgeld unter die Lupe. Die Zahl der Bezieher hat sich zwischen 2010 und 2021 verdoppelt, die Kosten für die Bildungskarenz haben sich im selben Zeitraum auf 295,7 Millionen Euro (inklusive Sozialversicherungsbeiträgen) beinahe verdreifacht.

Die Bildungskarenz wurde 1998 eingeführt. Unselbständig Beschäftigte können sich zum Zweck der Aus- und Weiterbildung bis zu einem Jahr freistellen lassen. In der Zeit der Karenzierung erhält die Person ein Weiterbildungsgeld, das dem Arbeitslosengeld entspricht, grundsätzlich 55 Prozent des vorangegangenen Nettoeinkommens. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist für die Abwicklung zuständig. Mit Novellen in den Jahren 2008 und 2009 wurden die Hürden zurückgeschraubt. Statt bis dahin drei Jahren Vor-Beschäftigungszeit, konnte man nun bereits nach sechs Monaten unselbständiger Beschäftigung die Form der Weiterbildung nutzen.

Wenig Relevanz

14 Jahre nach der letzten Novellen ortet der Rechnungshof "einigen Reformbedarf". "Denn die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung waren so gering, dass die Bildungskarenz auch für wenig aufwendige, arbeitsmarktpolitisch wenig relevante Kursangebote und für mit öffentlichen Mitteln finanzierte Auszeiten aus dem Arbeitsprozess genutzt werden konnte", heißt es aus dem Rechnungshof. Viele der gebuchten Kurse waren in den Augen der Prüfer also nicht unbedingt als Weiterqualifizierungsmaßnahmen geeignet, sondern besserer Zeitvertreib, wenngleich Hobby-Kurse nicht als Grund für eine Bildungskarenz anerkannt werden. Viele Kurse seien schlicht "arbeitsmarktpolitisch wenig relevant". Das Prüforgan der Republik empfiehlt dem Gesetzgeber "eine klare Ausrichtung auf Weiterbildungen, die die Position der Beziehenden auf dem Arbeitsmarkt verbessern".

Viele Akademiker

Auffallend ist, dass mehr als die Hälfte der Bezieher von Weiterbildungsgeld Leute mit höherer Bildung und Akademiker sind, obwohl sie nur rund 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Weiterbildung betreiben also eher jene, die ohnehin schon höhere Bildungsweihen erreicht haben. Besonders stark ist die Nachfrage laut Rechnungshof bei Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen.

Besonders hoch ist der Anteil an Frauen. Drei Viertel jener 13.912 Weiterbildungsgeld-Bezieher aus dem Jahr 2021 waren weiblich. Zudem attestieren die Prüfer seit 2017 einen wachsenden Zusammenhang der Bildungs- mit der Elternkarenz. Überwiegend Frauen nutzen die Möglichkeit, von der Eltern- nahtlos in die Bildungskarenz zu wechseln. "Am Markt traten verstärkt Kursanbieter auf, die unter dem Slogan ,Baby-Pause-Verlängern‘ mit der finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln warben", berichtet der Rechnungshof. "Die Anzahl der Personen, die unmittelbar nach der Elternkarenz in Bildungskarenz ging, verzehnfachte sich innerhalb von nur vier Jahren. 99 Prozent der Beziehenden nach der Elternkarenz im Jahr 2021 waren Frauen - in absoluten Zahlen sind das 7.172 Personen."

Wie sich der Arbeitsmarktstatus und die Einkommenssituation nach der Bildungskarenz auswirkten, wertete das AMS im Zuge der Überprüfung des Rechnungshofes aus. Im Schnitt waren 78 Prozent der Beziehenden drei Jahre danach in Beschäftigung, aber weniger Frauen als Männer. Durchschnittlich hatten 53 Prozent der Beziehenden drei Jahre nach der Bildungskarenz ein höheres Einkommen. Da aber zwei Drittel der Beziehenden ein Jahr nach der Bildungskarenz ihr Einkommen nicht verbessert hatten, gibt der Rechnungshof zu bedenken, "dass der Ausstieg aus der Arbeitstätigkeit ungünstige Effekte auf die Arbeitsmarktposition der Betroffenen haben kann".

Bildungsteilzeit

Bei einer anderen Möglichkeit, sich weiterzubilden, ohne den Job aufgeben zu müssen, sieht der Rechnungshof bessere Beschäftigungsquoten: die Bildungsteilzeit.

Im Unterschied zur Bildungskarenz wird das Beschäftigungsverhältnis bei der Bildungsteilzeit nicht unterbrochen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer reduzieren dabei die Arbeitszeit zum Zweck der Weiterbildung um bis zu 50 Prozent. Die Ausgaben im Jahr 2021 betrugen dafür rund 24,1 Millionen Euro, für durchschnittlich 4.063 Menschen.

Höhere Beschäftigungsquote

"Tendenziell wiesen Personen nach der Bildungsteilzeit eine höhere Beschäftigungsquote auf als Personen nach der Bildungskarenz", erklären die Prüfer. "Die Einkommensentwicklung war bei der Bildungsteilzeit ebenfalls günstiger als bei der Bildungskarenz. 66 Prozent der Beziehenden verdienten drei Jahre nach der Bildungsteilzeit mehr als davor."