Der Amtsmissbrauch-Prozess gegen Ex-Spitzenbeamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist fortgesetzt worden. Den Angeklagten wird vorgeworfen, sie hätten einen syrischen General in Österreich untergebracht und ihm trotz Fehlens der Voraussetzungen Asyl verschafft.

Geladen war am Montag eine Vorgesetzte des angeklagten Sachbearbeiters. Theoretisch müsse alles über sie laufen, sagte die Zeugin, "in der Praxis sieht das anders aus". Es sei vorgekommen, dass ganze Ebenen übersprungen und Weisungsketten nicht eingehalten wurden. "Ich war nicht zu hundert Prozent involviert" (in die Operation "White Milk", wie die Operation mit dem Ziel, den General nach Österreich zu bringen, genannt wurde). Dass sie Informationen über diese Operation erhalten habe, sei ihr "nicht erinnerlich". Sie habe damals gerade ihren Masterabschluss gemacht, und sei deshalb wohl öfter nicht anwesend gewesen.

Wenig Erinnerung

Als Zeuge geladen war auch Konrad Kogler, der damalige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit und Vorgesetzte des damaligen BVT-Direktors Peter Gridling. Darüber, dass dem General Kriegsverbrechen vorgeworfen wurden, sei er nicht informiert worden. Auch nicht, nachdem die NGO Commission for International Justice and Accountability (CIJA) 2016 an das Justizministerium herangetreten war.

Wann er das erste Mal von dem General erfahren habe und ob er sich von den Angeklagten ausreichend über ihr Vorgehen informiert gefühlt habe, sei ihm "nicht mehr erinnerlich". Wer die Operation mit dem ausländischen Partnerdienst abgeschlossen habe, könne er heute nicht mehr sagen. Die inkriminierten Vorgänge liegen etwa acht Jahre zurück.

Danach standen die Vorgänge rund um die "Operation Red Bull" im Zentrum der Befragung. Eine Sachverständige des BVT sei auf Anweisung ihres Vorgesetzten, dem Zweitangeklagten Ex-Spionagechef Bernhard P., nach Den Haag gereist. Ihr Auftrag sei es gewesen, an einer Adresse, an der man den Sitz der CIJA vermutete, Fotos des Hauses für P. zu machen. Wozu diese Bilder gebraucht wurden, sei ihr nicht gesagt worden. Sie habe lediglich Bilder des Gebäudes gemacht, weder sei es ihre Aufgabe gewesen, PKW zu fotografieren, noch personenbezogene Daten aufzunehmen. Ob der Auftrag direkt von P. kam oder er diesen weitergegeben hätte, etwa von seinem Vorgesetzten, dem Erstangeklagten aber krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähigen Martin W., könne sie nicht sagen.

Weitere Anschuldigungen

Dazu sagte P., es ging darum, zu überprüfen, ob diese Organisation überhaupt existiere. Er habe "nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet", dass dieses Vorgehen nicht rechtens sein könnte. "Aus der damaligen Sicht hat es keine Zweifel gegeben, dass man diese Organisation verifizieren muss", betonte P.

Von P. kamen aber auch Anschuldigungen gegen den Erstangeklagten - seinen ehemaligen Vorgesetzten, den früheren Abteilungsleiter Martin W. So brachte er die Rolle von Martin W. rund um den Wirecard-Skandal auf. W. soll in die Flucht des ehemaligen Wirecard-Vorstandes Jan Marsalek involviert gewesen sein. "Ich schließe nicht aus, dass die Russen damals wissen wollten, was die Amerikaner wussten." Unter der Prämisse, dass W. diese Ermittlungen geleitet habe, sei nicht auszuschließen, dass "diese Berichte auch in andere Hände geraten sind". Das Verfahren gegen W. war am ersten Verhandlungstag ausgeschieden worden.

Noch keinen Termin gibt es für die Zeugenbefragung des ehemaligen stellvertretenden Direktors des BVT. Dessen Befragung vor zwei Wochen war nicht möglich, da er eine falsche Dienstadresse angegeben hatte.