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Finanzielle Spielräume der Gemeinden schrumpfen

Von Simon Rosner

Politik
Der bundes- und landesgesetzlich forcierte Ausbau der Kinderbetreuung und Pflege stellt für die Gemeinden eine finanzielle Belastung dar.
© Rosner

Die Gemeinden sollen Gebühren nicht erhöhen, doch auch die Kommunen in Österreich leiden unter der Inflation.


Matrei in Osttirol könnte nach fast 90 Jahren die erste Gemeinde sein, die Konkurs anmelden muss. Schon vor 15 Jahren waren dem Land bei der Prüfung Außenstände von 30 Millionen Euro aufgefallen, 2018 wurde die Gemeinde dann de facto unter Kuratel gestellt. Die Inflation dürfte nun dazu geführt haben, dass Matrei seine Schulden von mittlerweile 35,7 Millionen Euro, davon rund 9 Millionen offene Rechnungen, nicht mehr bedienen kann. Das Land versucht nun die Sanierung.

Matrei ist ein extremes Beispiel. Das Zentrum für Verwaltungsforschung, KDZ, schätzt, dass zwischen 20 und 30 Prozent der Gemeinden sogenannte Abgangsgemeinden sind. Das sind Kommunen, bei denen der Saldo aus Ein- und Auszahlungen, abzüglich der Tilgungen von Krediten, negativ ist. In solchen Fällen bleibt kein Geld für Investitionen.

Oft gibt es strukturelle Gründe dafür. Betriebe siedelten ab, wodurch die Steuereinnahmen niedrig sind, gleichzeitig muss aber die bestehende Infrastruktur erhalten und erneuert werden. Der bundes- und landesgesetzlich forcierte Ausbau der Pflege und Kinderbetreuung stellt für die Gemeinden ebenfalls eine finanzielle Belastung dar. Auf der anderen Seite hat die Abschaffung der kalten Progression, die seit heuer wirkt, die Einnahmen aus den Ertragsanteilen des Bundes verkürzt. Das heißt, die daraus erzielten Einnahmen steigen langsamer als die Ausgaben.

Die Bundesregierung hat in jüngerer Vergangenheit mit mehreren Gemeindeinvestitionspaketen reagiert. Das bisher letzte, mit einem Volumen von einer Milliarde Euro, wurde im vergangenen Dezember beschlossen. Der Bund wollte damit die Investitionstätigkeit der Kommunen aufrechterhalten, zumal gerade im Bereich der Klimawende und auch weiterhin bei der Kinderbetreuung große Herausforderungen zu meistern sind.

Die Teuerung ist nun eine aktuelle Belastung, insbesondere der Anstieg des Baukostenindex sowie der Energiekosten. Das zeigt auch eine Auswertung des KDZ für den Städtebund. Dabei wurde bei neun Städten der Rechnungsabschluss 2021 mit dem Voranschlag 2023 verglichen. Bei den untersuchten Gemeinden ist der Überschuss der laufenden Gebarung, also Einzahlungen minus der Auszahlungen, um 20 bis 75 Prozent zurückgegangen.

Ringen um neue Aufteilung der Steuereinnahmen

Das ist zwar noch kein Drama wie in Matrei, aber es bedeutet, dass die finanziellen Spielräume der Gemeinden geringer werden - und die Kommunen sich veranlasst sehen könnten, durch Gebührenanpassungen ihre laufenden Einnahmen zu erhöhen.

Deshalb hat die Bundesregierung nun versprochen, einen Teil der Gewinnabschöpfung im Energiebereich an Gemeinden (und Länder) zu überweisen, damit diese zur Inflationsdämpfung Gebühren nicht erhöhen oder gar senken. Ein großer Hebel ist dies aber nicht, weder für das Absenken der Teuerungsrate noch für die Finanzen der Gemeinden. Für Letztere soll es aus Sicht der Länder einen neuen Schlüssel für die Aufteilung der gesamtstaatlichen Einnahmen geben.

Bisher erhalten die Bundesländer beim Finanzausgleich 20 Prozent und die Gemeinden 12 Prozent der Steuereinnahmen des Bundes. In der Vorwoche deponierten die Länder ihre Forderung für die aktuell laufenden Verhandlungen: 25 Prozent für die Länder, 14 Prozent für die Gemeinden. Finanzminister Magnus Brunner reagierte darauf etwas verschnupft: "Der Finanzausgleich ist ein Geben und Nehmen, und nicht nur ein Nehmen vom Bund", sagte Brunner.