Der aktuelle Prozess gegen die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin könnte eine Art Präludium zu dem sein, was auf Österreichs Öffentlichkeit - und auch Karmasin selbst - noch zukommt. Denn die Ermittlungen um mutmaßlich vom Finanzministerium bezahlte Studien, die im Doppelpass mit Medien der Fellner-Gruppe den Aufstieg von Sebastian Kurz unterstützt haben sollen, sind noch nicht abgeschlossen.

Aktuell geht es um den Vorwurf des schweren Betrugs aufgrund widerrechtlicher Bezugsfortzahlungen sowie um wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei drei Studien für das Sportministerium. Die ehemalige Mitarbeiterin Karmasins und spätere Geschäftspartnerin, Sabine Beinschab, war ebenfalls Ziel der Ermittlungen, erlangte aber Kronzeuginnenstatus. Gegen sie wurde das Verfahren eingestellt.

Am dritten Verhandlungstag wurde nun Beinschab als Zeugin der Anklage am Wiener Landesgericht vernommen. Sie belastete dabei Karmasin schwer und trat auch der Rechtsansicht von deren Verteidigern entgegen, das Einreichen von akkordierten Vergleichsangeboten sei kartellrechtlich unproblematisch gewesen. Und sie führte dazu eine der Öffentlichkeit neue Information an.

Vor einer Woche sei sie, Beinschab, von der Bundeswettbewerbsbehörde deswegen belangt worden. Sie müsse eine Geldbuße in Höhe von 6.000 Euro leisten, sagte Beinschab: "Die Geldbuße ist höher als das, was ich verdient habe." Das Kartellgericht sei davon ausgegangen, dass sie und Karmasin regelmäßig Preisabsprachen getätigt und ihr wettbewerbsbeschränkendes System beibehalten hätten. Sie habe gegen ihre Verurteilung keine Rechtsmittel eingelegt. Laut Beinschab wurde sie von Karmasin nach deren Ausscheiden aus der Politik kontaktiert und bekam von dieser gesagt, sie brauche Vergleichsangebote, damit sie den Zuschlag für eine Studie für das Sportministerium bekomme, so die Zeugin. Außerdem sollte sie einen Kontakt für ein drittes Angebot nennen.

"Ich war ein bisserl
ein Trottel"

Profitiert habe sie davon aber nicht, es sei ein Gefallen für ihre ehemalige Chefin und "Mentorin" gewesen: "Ich war ein bisserl ein Trottel. Es war ein Fehler, man darf das einfach nicht." Von Karmasin habe sie konkrete Anweisungen für ihr Angebot bekommen, teilweise "vorgeschriebene Unterlagen", wie Beinschab sagte. Mit der dritten, von ihr vorgeschlagenen Meinungsforscherin habe sie besprochen, "wer welche Preisvorschläge nimmt". Was Karmasin tatsächlich für die Studien bekam, habe sie nicht gewusst.

"Auf jeden Fall wäre das eine Studie gewesen, die ich selber machen hätte können", widersprach Beinschab Karmasins Aussage, wonach diese allein dazu imstande gewesen wäre und deshalb lediglich der Formalitäten wegen Vergleichsangebote einholen sollte. "Sie hat mich ausgenutzt, sie hat gewusst, sie kann eh alles machen mit mir", sagte Beinschab.

Wenn sich Karmasin bei Beinschab nach Preisen erkundigt habe, beispielsweise wie viel diese ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für die Moderation von Tiefeninterviews bezahle, "wollte Sophie immer, das es so niedrig ist wie möglich, damit ihr so viel wie möglich überbleibt".

Um Karmasins Rolle in der ÖVP-Umfrageaffäre geht es in der gegenständlichen Verhandlung zwar noch nicht, allerdings wurde die Causa von Richter Patrick Aulebauer thematisiert. Beinschab sagte als Zeugin unter Wahrheitspflicht aus. Und auch hier belastete sie ihre ehemalige Chefin.

Inhaltlich habe Karmasin an den Studien zwar nicht mitgewirkt, sie habe aber von sich aus 20 Prozent Umsatzbeteiligung für Kontaktvermittlung und Beratung verlangt: "Sie hat gesagt, sie will inkludiert sein in diesem Paket", so Beinschab, die sich zu diesem Zeitpunkt selbständig gemacht hatte und als Sub-Unternehmerin für Karmasin tätig war.

Die Ex-Ministerin sei informiert gewesen, wer die Studien bezahlt. Für Karmasin sei es vor allem um die Frage gegangen, wie sie zu ihrem Geld komme, da sie zu jener Zeit und bis Dezember 2017 Ministerin war und ihre Nebeneinkünfte nicht aufscheinen sollten. Die Abrechnungen liefen über die Firma ihres Mannes: "Die Sophie Karmasin ist auf diese Idee gekommen. Natürlich wollte sie so schnell wie möglich ihr Geld haben." Es habe noch 2018 Studien fürs Finanzministerium gegeben, "das genaue Datum kann ich nicht sagen", erklärte Beinschab.