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Corona-Fonds steht vor Beschluss

Von Georg Hönigsberger

Politik

ÖVP und FPÖ erzielten in Niederösterreich eine Einigung über finanzielle Unterstützungen gegen die Folgen der Pandemie. 200.000 Euro sind für Rückzahlung von Strafen vorgesehen.


Es war der Knackpunkt, der einige Rechtsexperten an der Umsetzung des Corona-Fonds in Niederösterreich zweifeln ließ. Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) sieht die Forderung seiner Partei nach Rückzahlung von Corona-Strafen dennoch als "Herzstück" des am Dienstag in St. Pölten präsentierten Regierungsvorhabens. Mit 31,3 Millionen Euro soll der Corona-Fonds laut Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dotiert werden. "200.000 Euro, also 0,7 Prozent, sind für die Rückzahlung von Strafen vorgesehen."

Der überwiegende Teil des Geldes soll in andere Maßnahmen fließen, wie etwa Unterstützung für Long-Covid-Patienten, Hilfszahlungen für Schüler, die aufgrund des Homeschoolings Nachhilfe in Anspruch nehmen müssen, sowie die Bezahlung von Therapiestunden für Kinder und Jugendliche, die an psychischen Folgen der Pandemie und der Isolation zu leiden haben. Darüber hinaus sollen Vereine gefördert werden, die Jugendliche animieren, am gesellschaftlichen Leben und an sportlicher Betätigung teilzunehmen. Skikurse und Landschulwochen sollen finanziell unterstützt werden.

Das ist, grob umrissen, der Kern des niederösterreichischen Corona-Fonds. Am 25. Mai wird die Landesregierung, die das Paket präsentierte, vom Landtag mit der Umsetzung betraut werden, was angesichts der ÖVP-FPÖ-Mehrheit als gesichert angesehen werden kann. "Die finalen Richtlinien werden dann in der Landesregierung ausgearbeitet und in Folge beschlossen", erklärt Mikl-Leitner. "Wir werden voraussichtlich vor dem Sommer tätig werden und erste Auszahlungen vornehmen", sagt der zuständige FPÖ-Landesrat Christoph Luisser. Die Laufzeit des Fonds ist auf zwei Jahre begrenzt.

Unklare Berechnung

Wie die Berechnung der Dotierung zustande kam, ist nicht klar. Mikl-Leitner spricht von "700 Strafen, die zurückgezahlt werden können". Wie viele Long-Covid-Leidende es in Niederösterreich gibt, sei nicht bekannt. Nicht näher erläutert wurde auch die Anzahl der Kinder, die Therapie oder Nachhilfe benötigen.

Dass die Schulschließungen aufgrund der Pandemie Auswirkungen auf die Leseleistung von Volksschülern hatte, zeigt auch die am Dienstag präsentierte PIRLS-Studie. Diese zieht einen internationalen Vergleich der Leseleistung von Viertklässlern. Diese hat im Vergleich zu 2016 abgenommen - allerdings nicht so stark wie befürchtet. Erreichten die Kinder damals im Schnitt noch 541 Punkte, waren es im zweiten Pandemiejahr 530, was dem Niveau von 2011 entsprach. Insgesamt liegt Österreich damit über dem internationalen Schnitt (509). Studienautor Dirk Hastedt erklärte, dass man, bezogen auf das Gesamtergebnis, sehr wohl ableiten müsse, dass Corona eine Rolle gespielt habe.

Während die Bundesregierung, die "Gräben zuschütten" will, erst einmal eine sozialwissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben hat, um die Folgen der Pandemie auszuleuchten, kommt die Landesregierung in Niederösterreich ins konkrete Handeln. Atmosphärisch waren bei der Fonds-Präsentation Differenzen merkbar. Während die Landeshauptfrau betonte, es handle sich um "keinen Kniefall vor Corona-Leugnern", sprach ihr Stellvertreter vom "Wind der Gerechtigkeit, der durchs Land" wehe.

Mehrmals betonte Mikl-Leitner, dass man mit dem Fonds auch "Gräben zuschütten" wolle, die in Zeiten der Pandemie zwischen Geimpften und Ungeimpften, Maßnahmen-Befürwortern und -Gegnern aufgerissen seien, um einen "Schlussstrich unter die Pandemie ziehen" zu können. Dann nahm sie aber auch mehrmals das Wort "Hass" in den Mund. Bei Personen, die im Vorfeld des Fonds-Beschlusses gegen das Projekt argumentiert hatten, ortet sie "offenbar manche Hasserfüllte, die den Hass aufrechterhalten wollen". Wen sie damit meinte, sagte die Landeshauptfrau nicht. Es ist aber anzunehmen, dass sie weder Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) noch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) im Blick hatte, die beide im Vorfeld eingeräumt hatten, eine Rückzahlung von verhängten Strafzahlungen sei "rechtlich schwierig".

"Herzstück" und Knackpunkt

Damit wieder zurück zum "Herzstück" und Knackpunkt des Corona-Fonds, den Strafrückzahlungen. Es handelt sich dabei um jene Verwaltungsübertretungen in Zeiten der Pandemie-Beschränkungen, die auf Verordnungen fußten, die später vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) ganz oder teilweise aufgehoben wurden. Die FPÖ geht davon aus, dass man die Strafen, die aufgrund einer fehlerhaften Verordnung ausgesprochen wurden, zurückzahlen kann.

Wenn der VfGH ein Gesetz aufhebe, wirke das "immer nur pro futuro, also für die Zukunft", erklärte Jurist Heinz Mayer vor wenigen Wochen. "Rechtskräftig abgeschlossene Verfahren bleiben abgeschlossen." Die Rückzahlung sei also nicht möglich. Verfassungsrechtler Peter Bußjäger will aktuell keine Stellungnahme abgeben, da er sich "für befangen" hält, wie er der "Wiener Zeitung" sagt. Er hat an einem der Gutachten mitgearbeitet, die die rechtliche Grundlage für den Fonds bilden sollen. Vor Erstellung der Expertise hatte er bei Puls 24 erklärt, dass solche Fonds "im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung" durchaus eingerichtet werden können. Zudem sei im Verwaltungsstrafgesetz vorgesehen, "dass Strafen dann zurückgezahlt werden können, wenn sie unter offenkundigem Verstoß gegen das Gesetz verhängt wurden". Dies werde aber sehr restriktiv angewandt.