Der SPÖ-Führungskonflikt ist neuerlich eskaliert. Zunächst konnte sich am Dienstag das Präsidium nicht darüber einigen, wie man mit dem am Montag ausgewerteten Mitgliedervotum umgehen soll. Damit musste nun am Nachmittag der Vorstand entscheiden, ob es zu einer Stichwahl der Mitglieder verbunden mit einer Verschiebung des Parteitags kommt oder das eigentlich vorgegebene Prozedere mit nur einem Parteitag nächste Woche durchgezogen wird. Kurz vor 17 Uhr stand dann fest: Die Entscheidung über den Parteivorsitz fällt auf dem außerordentlichen Parteitag. Mit 25:22 wurde der Wunsch von Andreas Babler und der Wiener Landespartei nach einer Stichwahl im Parteivorstand abgelehnt. Babler tritt nun am Parteitag gegen Hans Peter Doskozil an.

Babler meinte nach der Sitzung, er hätte sich eine stärkere Einbindung der Mitglieder gewünscht. Seine Chancen geschmälert sieht er durch die Entscheidung am Parteitag jedoch nicht. Doskozil will diese Entscheidung akzeptieren, so der burgenländische Landeshauptmann nach der Sitzung. Dass es auf dem Parteitag zu einer "Kampfabstimmung" zwischen ihm und Babler komme, sei für ihn in Ordnung. Er zeigte sich optimistisch, dabei siegreich hervorzugehen und auch die nächste Nationalratswahl mit der SPÖ zu gewinnen. Der Sieger müsse die Partei jedenfalls wieder einen.

Abgestimmt über das Prozedere wurde namentlich, also offen. Vor allem die Flächenbundesländer votierten dafür, den längst vorgegebenen Prozess mit Parteitag nach der Mitgliederbefragung einzuhalten. Die Vertreter Wiens und der Jugend sowie einzelne Bundesländer-Repräsentanten aus dem Lager der scheidenden Parteichefin Pamela Rendi-Wagner waren für eine Absage des Parteitags und eine Stichwahl der Basis.

Dem vorangegangen waren stundenlange zähe Sitzungen von Präsidium und Vorstand, in denen keine gemeinsame Vorgangsweise gefunden wurde. Überraschend hatten die Wiener nach dem Ausscheiden der von ihnen favorisierten Rendi-Wagner auf eine Stichwahl gedrängt, obwohl es just diese Landesgruppe war, die davor stets gegen solch ein Votum aufgetreten war. Bürgermeister Michael Ludwig begründete dies nach dem Vorstand damit, dass es "logisch" gewesen wäre, die Mitglieder den Prozess auch zu Ende bringen zu lassen - umso mehr als es drei etwa gleich starke Gruppen gegeben habe. Wen er selbst wählt, will er von den Inhalten der Kandidaten abhängig machen.

Babler hatte seit Wochen auf eine Stichwahl gedrängt. Nach seinem zweiten Platz bei der Mitgliederbefragung roch der Traiskirchener Bürgermeister Lunte und meinte schon vor dem Präsidium, das zwei Stunden länger als geplant dauerte: "Schau' ma mal, ob es einen Parteitag gibt." Nach der Sitzung meinte er dann, er werde jedenfalls kandidieren. Ob Doskozil, Sieger der Mitgliedsbefragung, auch kandidiere, müsse man diesen fragen.

Dieser gab kurz darauf auch schon die Antwort: Er werde "mit Sicherheit" antreten. Im Vorstand konzedierte er dem Vernehmen nach zwar, dass er ein deutlicheres Ergebnis bevorzugt hätte, eine Stichwahl lehnte Doskozil aber mit Verweis auf das im Vorfeld vereinbarte Prozedere ab - und setzte sich damit letztlich knapp durch. Wie aus der Präsidiumssitzung verlautete, soll der Landeshauptmann bereits gedroht haben, auf den Vorsitz zu verzichten, wenn er offenbar die Partei nicht einigen könne. Fast alle Länder - nicht nur die ihn offen unterstützenden sondern auch Kärnten - drängten Doskozil aber, im Entscheidungsprozess zu bleiben.

Der Tiroler SPÖ-Vorsitzende Georg Dornauer brachte es auf den Punkt: "Es bleibt spannend." Die Stimmung nach dem Präsidium war spürbar schlecht. Hinter den Kulissen verwendeten Funktionäre beider Seiten nicht druckreife Ausdrücke.

Bei einem Parteitag hat Doskozil wohl auch mit Babler als Gegenkandidat die besseren Chancen, während ein neuerlicher Mitgliederentscheid vielleicht Babler in die Hände gespielt hätte. Dementsprechend verfolgten beide Kandidaten jeweils den Pfad, der ihnen erfolgversprechender erschien.

Rendi-Wagner hingegen stellte rasch klar, dass sie weder bei einer Stichwahl noch am Parteitag kandidieren werde. Sie erläuterte dem Vorstand noch einmal die Beweggründe für ihren Abschied und wurde mit viel Beifall bedacht. In einzelnen Wortmeldungen wurde auch bedauert, dass ihr in den vergangenen Jahren nicht ausreichend Unterstützung zu Teil geworden war. (apa)