Etwas angespannt und nervös war er, der Andi, erzählt ein Besucher der Wahl-Abschlussfeier von SPÖ-Kandidat Andreas Babler. "Ich hab’ ihn umarmt und gesagt: Du machst das schon." Wenige Sekunden später trat der Zweite der SPÖ-Mitgliederbefragung vor die Bühne eines Lokals an der Neuen Donau in Wien. "Andi, Andi, Andi"-Sprechchöre erschallten. Die hunderten Besucher, die sich Montagabend nach Floridsdorf begeben hatten, jubelten ihrem politischen Shooting-Star und Hoffnungsträger aus Traiskirchen minutenlang zu.

Es war ein lauer Frühsommerabend. Auf dem Weg zur Wahlparty passierte man Sonnenhungrige, die vis-à-vis der Donauinsel die letzten Sonnenstrahlen in Bikini oder Badehose einfingen, sich im Volleyball-Spiel versuchten oder ganz einfach die Natur in der Millionenstadt genossen. Wenige Meter entfernt tönte laute Musik aus den Lautsprechern. Prodigys "Firestarter" beschallte eine von hunderten Personen bevölkerte Terrasse an der Neuen Donau. Mittendrin: Andreas Babler. Dieser war - für viele Experten überraschend - bei der SPÖ-Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz Zweiter geworden und wurde von seinen Anhängern wie ein Sieger gefeiert.

"Er brennt für die Partei"

Bad in der Menge. - © apa / H. Fohringer
Bad in der Menge. - © apa / H. Fohringer

"Am Weg her, in der U-Bahn, haben wir vom Ergebnis erfahren", sagte eine Frau aus Wien. "Zuerst war ich ein bisserl traurig, dass Andi nicht Erster geworden ist. Aber er brennt so für die Partei und kann so begeistern, dass er bei einer Stichwahl oder am Parteitag sicher gewinnen wird."

Bei Spritzer und Bier genossen die Genossen die Hochstimmung, die um den 50-Jährigen herrscht. "Endlich wieder einer, der linke Politik in Österreich mehrheitsfähig machen kann", erklärt ein deklarierter Kommunist, der bei der Party vorbeigekommen war. "Vielleicht der erste linke Parteichef der SPÖ seit Otto Bauer oder Viktor Adler."

Die anfängliche Scheu vor der Masse an Fans war von Babler längst gewichen. Er wurde durch die Menge gereicht. Es wurde geplaudert, angestoßen, fotografiert, Mut zugesprochen und gratuliert. Schulterklopfen und Händeschütteln waren angesagt.

Zu den Begeisterungsstürmen seiner Anhänger meinte Babler zur "Wiener Zeitung": "Man ist nur Mitglied mit einer Stimme, das muss einem bewusst sein." Es gebe eine Person, die vorne stehe, das sei "schon eine besondere Rolle, die man annimmt". Es hätte "keinen Sinn, wenn ich hier alleine bin und gescheite Sprüche klopfe. Jeder von uns hat eine Stimme gehabt und viele haben etwas beigetragen. So viele Leute, die organisiert haben, die ihre Freizeit gespendet haben und zum ersten Mal Feuer für die SPÖ gehabt haben", erklärte der Mann aus Traiskirchen.

Unter die zahlreichen Fans hatte sich auch Parteiprominenz gemischt. Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger etwa und die ehemalige Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. "Es ist ein Fest der Demokratie", erklärte der Autor und Journalist Robert Misik, der Babler unterstützt. "107.000 Leute haben teilgenommen. Dass es sich auf drei verteilt, macht es ein bisserl kompliziert." Aber es zeige, "was für eine lebendige und leidenschaftliche Partei das ist". Das Ergebnis mache völlig klar, dass man eine Mitgliederbefragung als Stichwahl organisieren müsse. Ein Ansinnen, dem der Parteivorstand am Dienstag eine Abfuhr erteilte. Gewählt wird auf dem Parteitag.

Auch Nikolaus Kowall, der Bablers Kandidatur für den Parteivorsitz angestoßen hatte, meinte vergeblich, dass eine neuerliche Mitgliederbefragung nötig sei. Diese würde nur von jenen abgelehnt, "die sich vor einer Stichwahl fürchten". Er sieht das Ergebnis Bablers als "absolute Sensation. Du kannst als Außenseiter ein Drittel der Stimmen erringen und auf Platz zwei vordringen."

"Ein Ruck geht durch die Partei"

"Es ist was Gutes, dass ein Ruck durch die Partei geht, dass es diese Mitgliederbefragung gegeben hat. Da muss man dem Herrn Doskozil danken", sagte Musiker-Urgestein Roman Gregory. Die SPÖ sein nun "bestens beraten, sich zusammenzuraufen und das Beste daraus zu machen".

Dass Babler sich professioneller aufstellt, zeigt der letzte Satz, den er am Party-Abend zur "Wiener Zeitung" gesagt hat: "Schickst die Zitate eh zum Autorisieren?" Das war in den rund 30 Jahren, die sich Redakteur und Politiker beruflich kennen, zuvor nie der Fall gewesen.