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Das Durchhalten hat ein Ende

Von Vilja Schiretz

Politik

Leicht hatte es SPÖ-Chefin Rendi-Wagner nie. Am Dienstag kündigte sie ihren Rückzug an.


Richtig sicher schien sie nie im Sattel zu sitzen. Und doch konnte sich Pamela Rendi-Wagner rund viereinhalb Jahre lang an der Spitze der Sozialdemokratie halten. Über ihren Rücktritt spekuliert wurde immer wieder. Doch Rendi-Wagner machte weiter, handelte sich mit ihrem Durchhaltevermögen Respekt ein - innerhalb wie außerhalb ihrer Partei. Der dritte und letzte Platz bei der Mitgliederbefragung dürfte nun aber tatsächlich das letzte Kapitel einer politischen Karriere einläuten, die stets von herben Rückschlägen und nur wenigen kleinen Sternstunden geprägt war.

Ins Rampenlicht war Rendi-Wagner erstmals 2011 als Sektionschefin im Gesundheitsministerium getreten. Zwei Krisen galt es damals zu managen: Erst die Sorge vor Folgen des Atomunfalls in Fukushima, dann der über Lebensmittel übertragene EHEC-Keim, der auch in Europa zahlreiche Todesopfer forderte. Die damalige Spitzenbeamtin trat als besonnene Erklärerin auf, informierte und beruhigte die Bevölkerung. Dafür wurde Rendi-Wagner - später häufig für ihr hölzernes Auftreten bei Interviews kritisiert - vom Public Relations Verband Austria sogar als "Kommunikatorin des Jahres" nominiert.

Den Schritt in die Spitzenpolitik ging sie 2017 später unter Kanzler Christian Kern. Als die damalige Frauen- und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser verstarb, übernahm Sektionschefin Rendi-Wagner das Ressort. Lange hatte die ehemalige Ärztin nicht Zeit, sich im Amt zu behaupten. Schon wenige Monate später fand sich die SPÖ nach Neuwahlen in der Opposition wieder und Rendi-Wagner im Parlament. 2018 warf der kurzzeitige Hoffnungsträger Kern das Handtuch, Parteigranden wie Peter Kaiser aus Kärnten und Doris Bures winken ab. Ebenso der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. So fiel die Wahl - auch mangels Alternativen - auf Rendi-Wagner, die erst kurz davor der Partei beigetreten war und sich langsam das Vertrauen erarbeiten musste.

SPÖ nur vorübergehend im Aufwind

Nach dem miserablen Abschneiden der SPÖ bei der EU-Wahl im Frühjahr und der Nationalratswahl im Herbst 2019 schienen Rendi-Wagners Tage an der Parteispitze schon wieder gezählt. Doch Rendi-Wagner blieb. Parteiinterne Zweifel und Zwischenrufe - vor allem aus dem Burgenland - gehörten von da an allerdings zu ihren ständigen Begleitern.

2020 stellte sie der Parteibasis die Vertrauensfrage, gut 70 Prozent der teilnehmenden Mitglieder sprachen sich für ihren Verbleib an der Parteispitze aus. Rendi-Wagner sah sich als Vorsitzende legitimiert.

Es schienen bessere Zeiten für die Parteichefin angebrochen zu sein. Hatte die Corona-Krise der SPÖ trotz der Fachkompetenz ihrer Vorsitzenden nur ein kleines Umfrageplus beschert, schien die Sozialdemokratie beim Thema Teuerung punkten zu können. Im Sommer 2022 kratzte die SPÖ im Umfragen an der 30-Prozent-Marke. Erstmals seit langem schien die Partei geeint, Unkenrufe gegen die Vorsitzende verstummten.

Diese Phase erwies sich aber als Ruhe vor dem Sturm. Nach den enttäuschenden Ergebnissen in Tirol, Niederösterreich und schließlich Kärnten kündigte Doskozil im März 2023 seine Kandidatur für den Parteivorsitz an. Die SPÖ musste handeln - und taumelte in eine erneute Mitgliederbefragung.

"Arschknapp" sei es gewesen, sagte Rendi-Wagner am Dienstag. Doch sie werde das Ergebnis akzeptieren und beim Bundesparteitag nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Durchhalten und Weitermachen ist diesmal keine Option.