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Fast 49 Milliarden Euro Entlastung

Von Simon Rosner

Politik

Wifo analysierte staatliche Teuerungshilfen bis 2026: Bisher gab es vor allem Einmalzahlungen.


Die Antiteuerungspolitik der Bundesregierung ist in den vergangenen Monaten eine der am meisten umstrittenen Fragen gewesen. War es die richtige Strategie? War es zu wenig? Oder gar die Gießkanne? Die Bewertung der Maßnahmen unterschied sich nicht nur zwischen Regierung und Opposition, sondern auch innerhalb der Opposition wurde die Inflationspolitik höchst unterschiedlich rezipiert.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat nun eine Analyse der Maßnahmen vorgelegt. Der Sukkus: Es war und ist viel Geld; es kommt vor allem den Haushalten zugute; die Hilfen sind größtenteils einkommensunabhängig sowie kontraproduktiv im Kampf gegen den Klimawandel.

Laut Wifo wird das gesamte Entlastungsvolumen bis Ende dieses Jahres rund 21 Milliarden Euro ausmachen. Die meisten der 41 Maßnahmen betreffen Einmalzahlungen, die entweder 2022 oder 2023 angefallen sind. Doch es gibt auch einige dauerhafte Maßnahmen. Das Wifo kommt bis zum Jahr 2026 auf kumuliert 48,7 Milliarden Euro an Entlastung. Das ist in etwa die Größenordnung der bisher ausbezahlten Covid-Hilfen.

Das renommierte Bruegel-Institut aus Brüssel weist Österreich im europäischen Vergleich auf Platz fünf bei den Inflations-Maßnahmen aus, hinter der Slowakei, Deutschland, Malta und Bulgarien. Die Bundesregierung hatte im Dezember Zahlen vorgelegt, wonach Österreich hinter Luxemburg die zweithöchsten Hilfen gewährt habe. Eine genaue Taxierung ist schwierig, weshalb internationalen Rankings nur als Annäherung zu verstehen sind. Zumal etwa das Aus der kalten Progression vom Wifo als strukturelle Entlastungsmaßnahme bewertet wird, die in etlichen anderen Ländern aber schon vor Jahren abgeschafft wurde.

Das Ende der kalten Progression ist der maßgebliche Grund, weshalb auch in den kommenden Jahren eine budgetär maßgebliche Entlastung stattfindet. Das Wifo geht für das Jahr 2026 bei dieser Maßnahme sowie der Valorisierung einiger Sozialleistungen von neun Milliarden Euro Entlastung aus.

Der Anteil, der privaten Haushalten zukommt, beläuft sich auf 78,4 Prozent, der Rest geht an Unternehmen und in die Landwirtschaft. Auch diese Verteilung muss aber mit Vorsicht gelesen werden, wie Margit Schratzenstaller, eine der Autorinnen, erläutert. Das Wifo hat beispielsweise die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe für Haushalte auch diesen zugeschrieben, weil es die Absicht war, damit die Haushalte zu entlasten. Ob die Energieunternehmen diese Entlastung aber auch direkt an die Konsumenten weitergegeben haben, ist nicht so klar zu bestimmen (ähnlich wäre es bei einer Senkung der Mehrwertsteuer).

Schlechte Klimabilanz

Zur Frage der Treffsicherheit stellt die Wifo-Analyse nur einen "sehr groben Indikator" dar. Die Autorinnen hatten die Maßnahmen dahingehend bewertet, ob sie einkommensabhängig gewährt wurden und werden. Bei den kurzfristig wirkenden Maßnahmen trifft das auf rund 30 Prozent zu, bei den nachhaltigen Maßnahmen jedoch nur auf zwei Prozent. Die genaue Verteilungswirkung müsste aber sehr detailliert für jede einzelne Maßnahme ausgewertet werden, etwa für die Erhöhung der Pendlerförderung.

Nicht gut schneiden die Maßnahmen des Bundes im Wifo-Papier in Sachen Klimaschutz ab. Der Großteil der Einmalhilfen hatte einen direkten Energiebezug, es gab jedoch kaum Anreize zum Energiesparen. Mit 93,3 Prozent hat ein "erheblicher Anteil der energiebezogenen Entlastungsmaßnahmen" nicht beabsichtigte klimakontraproduktive Wirkungen, heißt es. Als klimaproduktiv waren dagegen nur 530 Millionen Euro einzuordnen.

Wirtschaft trübte sich ein

Die Entlastungen der Regierung schlagen sich nun auch deutlicher im Budgetvollzug nieder. Von Jänner bis April 2023 nahm der Bund zwar mehr Geld ein als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, allerdings lag die prozentuale Steigerung bei den Auszahlungen darüber. Dass sich nun auch die Konjunktur immer mehr eintrübt, ist ebenfalls keine besonders gute Nachricht für Finanzminister Magnus Brunner.

Doch immerhin wuchs die Wirtschaft im ersten Quartal 2023 nach Berechnungen der Statistik Austria noch um 0,1 Prozent. Das Wifo hatte ursprünglich in einer Schnellschätzung noch ein minimales Minus gesehen. Eine Stütze war dabei Tourismus, der sich sehr gut entwickelte. Die hohe Nachfrage hatte allerdings zuletzt auch die Inflation weiter angetrieben. Im Mai war die Teuerung erstmals seit Monaten wieder etwas gesunken, doch sei "immer noch zu hoch", so Brunner, der sich ein "sinkendes Defizit" zum Ziel setzt.