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Weniger Einkommen in Lehrpraxen beim Hausarzt als Manko

Von Karl Ettinger

Politik

Erster Evaluierungsbericht zeigt Schwächen der 2015 umgestellten Ausbildung mit Sechs-Monats-Einsatz für angehende Mediziner in niedergelassenen Ordinationen.


Vom Bundeskanzler über Landesregierungen bis zu den Funktionären der Sozialversicherung: von allen Seiten gibt es Vorschläge und Versprechen für mehr Kassenarztstellen. Während überlegt wird, wie Ordinationen für praktische Ärzte mit Kassenvertrag etwa durch Unterstützung bei organisatorischen Fragen für Jungmediziner attraktiver gestaltet werden können, zeigt sich, dass schon die Ausbildung in Spitälern gegenüber Praxen von Allgemeinmedizinern attraktiver ist - vor allem finanziell. Seit 2015 ist eine solche sechsmonatige Lehrpraxis verpflichtend. Eine erste Evaluierung zeigt: Jungärzte in Lehrpraxen beklagen finanzielle Einbußen gegenüber dem Turnus in Spitälern.

Der Rechnungshof hat vor rund zwei Jahren Verbesserungen bei der Ärzteausbildung gefordert. Wie aus dem Evaluierungsbericht, der Gesundheitsminister Johannes Rauch und dem Parlament vorliegt, hervorgeht, wird von den Jungärzten wie auch den ausbildenden Ärzten eine Erhöhung der Qualität der Ausbildung durch den verpflichtend Einsatz von sechs Monaten festgestellt. 87,2 Prozent haben in der Erhebung der Ärztekammer demnach die Ausbildungsqualität mit sehr gut oder gut bewertet. Allerdings gilt das nur unter Bedingungen. Denn vielfach wird hervorgehoben, dass letztlich die Qualität wegen des engen Verhältnisses zwischen Lehrpraktikanten und ausbildendem Arzt von den involvierten Personen abhängig ist.

Lob für vermehrtesWissen durch Praxis

Grundsätzlich gibt es ausdrücklich Lob für eine Verbesserung der Ausbildung in medizinisch-fachlicher Hinsicht. Der Zuwachs an allgemeinmedizinischem Wissen durch die sechsmonatige Lehrpraxis wird von insgesamt 95 Prozent der Teilnehmer positiv bewertet. Für 60 Prozent ist das vermehrte Wissen sehr groß, für weitere 25 Prozent groß. Der Nutzen durch mehr Wissen wird demnach in nahezu allem medizinischen Fächern beziehungsweise Teilbereichen bescheinigt.

Der Wermutstropfen: Im Notfallmanagement wird ein "relativ geringer Lehrgewinn" festgestellt. Das ist speziell auch auf den Kontakt mit Patienten zurückzuführen. Der Erwerb von Kompetenzen durch den Umgang mit Patienten wurde vom Großteil der Lehrpraktikanten als "wesentliche Lernerfahrung" bezeichnet. Verbesserungspotenzial sahen Betroffene bei der Verordnung von Medikamenten und Heilbehelfen sowie bei der Behandlung chronisch kranker Menschen.

Als besonders wichtig wurde der Kompetenzgewinn in Organisation und Betriebswirtschaft eingestuft. Die Jungärzte konnten demnach entscheidend lernen, was es neben der medizinisch-fachlichen Eignung bedeutet, selbst eine Ordination zu führen. Die Bedenken in dieser Hinsicht sind bei Jungmedizinern so groß, dass die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) jene, die eine Kassenarztstelle übernehmen wollen, bei Organisation und Betriebswirtschaft unterstützen.

Finanzielle Nachteile gegenüber Turnusärzten

Der finanzielle Aspekt bleibt aber eine Problemzone. Denn die finanziellen Auswirkungen dieses Abschnittes der Ausbildung werden von Lehrpraktikanten "durchwegs als negativ" beschrieben, wurde in dem Evaluierungsbericht vermerkt. Der Grund dafür ist, dass beim Turnus in den Krankenhäusern Nachtdienste anfallen, die ein höheres Einkommen zur Folge haben. Deswegen werden eine attraktivere Zuverdienstmöglichkeit und eine Erhöhung des Ausmaßes der Anstellung von 30 auf 40 Stunden angeregt. Das wird insofern als wichtig angesehen, weil auch eine Verlängerung der Lehrpraxisphase von 6 Monaten auf 18 beziehungsweise 24 Monate mit Hinweis auf internationale Vorbilder begrüßt wird. Allerdings gab es zur Dauer der Lehrpraxis durchaus kontroverse Ansichten.

Für die ausbildenden Ärzte hat die Beschäftigung der Lehrpraktikanten Vorteile durch eine Entlastung bei der Arbeit. Damit bleibe mehr Zeit für Patienten, wobei dieser Effekt meist erst nach einigen Monaten eintrat, während es davor eher zur Mehrbelastung kam. Umgekehrt konnte durch Lehrpraxen der Umsatz laut Untersuchungen um durchschnittlich rund 5.500 Euro je Quartal aus Abrechnungen mit Krankenkassen gesteigert werden.

Der Rechnungshof hat in einem Prüfbericht im Herbst 2021 zur Medizinerausbildung die hohe Rate von 31 Prozent an Abgängen nach dem Abschluss des Medizinstudiums beklagt. Dies vor dem Hintergrund, dass Österreich pro Absolventin und Absolvent in Medizin bis zu 542.000 Euro ausgibt. Der Rechnungshof verwies auch warnend darauf, dass in der Zeit von 2016 bis 2020 die Zahl der allgemeinmedizinischen Turnusärzte in allen Bundesländern abgenommen hat, in einer Bandbreite von 15 Prozent im Burgenland bis zu 43 Prozent in Kärnten. Immerhin 35 Prozent, also ein gutes Drittel der fertigen Allgemeinmediziner, begannen danach eine Ausbildung in einem Sonderfach, was den Intentionen, Hausarztpraxen attraktiver zu machen, entgegensteht.