Bedenken an der derzeitigen Führung der IGGiÖ auch innerhalb der Glaubensgemeinschaft sowie unter den islamischen Religionslehrern, ortet Thomas Schmidinger, Co-Autor des im Herbst veröffentlichten "Handbuches des politischen Islam". Bemängelt werde vor allem der Umgang der Führung mit der Kritik, nämlich dass es etwa auf die Studienergebnisse keine ausreichende Reaktion gegeben habe. Öffentliche Äußerungen würden aber vermieden, so Schmidinger.
Er habe auch den Eindruck, dass die Gemeinschaft unter Präsident Anas Schakfeh nicht selbst durchgreifen wird. Schmidinger schlug vor, den derzeitigen Religionsunterricht an Österreichs Schulen durch eine interkonfessionelle Religionskunde zu ersetzen. "Schüler könnten dann wechselseitig auch von anderen Religionen etwas lernen und die Klassen müssten auch nicht nach den Konfessionen auseinandergerissen werden. Das wäre wünschenswert, wenngleich das in Österreich illusorisch ist", stellte der Politikwissenschafter fest.
Günther Ahmed Rusznak vom Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum (IIDZ) erneuerte ebenfalls seine Kritik an der Glaubensgemeinschaft. Er hatte vor etwa sechs Monaten eine Klage beim Bezirksgericht Josefstadt eingebracht, da er der IGGiÖ vorwirft, ohne rechtlicher Grundlage zu agieren, bestätigte Rusznak einen Bericht des Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag.
Rusznak fordert unter anderem, dass die Republik einen Kurator für die Glaubensgemeinschaft einsetzt, der die Organisation "auf rechtlich einwandfreie Beine stellt". Die Amtszeit der offiziellen Vertretung sei längst abgelaufen, aber noch immer hätte keine Neuwahl stattgefunden, lautet die Kritik des 2005 gegründeten IIDZ. Außerdem hätte das Kultusamt die bis jetzt gültige Verfassung aus dem Jahr 1988 nicht genehmigt. Diesen Punkt möchte er am Donnerstag bei Gericht nachreichen, so Rusznak.
Im Prozess soll geklärt werden, wie die Führung des IGGiÖ legitimiert ist, hieß es aus dem Bundesministerium für Bildung und Kunst gegenüber der APA. Weitere Äußerungen des Ministeriums gibt es dazu allerdings nicht, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Die Verfassung einer Religionsgemeinschaft sei außerdem deren Angelegenheit.
Seit Jahren wird über eine neue Verfassung für die Glaubensgemeinschaft beraten. Dies geht allerdings äußerst schleppend voran: Dem Kultusamt im Unterrichtsministerium, das die Verfassung genehmigen muss, wurden bereits mehrere Vorschläge vorgelegt, die bisher als mangelhaft zurückgeschickt wurden. Das sei ein katastrophales Zeichen, meint Birol Kilic von der Türkischen Kulturgemeinde Österreich im "Morgenjournal": "Es sollte einfach hier offene Wahlen geben, es sollte die Verfassung geändert werden." Die Sprecherin der Glaubensgemeinschaft Carla Amina Baghajati findet die Kritik unfair: Man gehe bei der Erstellung der neuen Verfassung eben sorgfältig vor.
Häupl beunruhigt
Die Debatte um die Studie zu den Islam-Lehrern in Österreich hat am Donnerstag auch den Wiener Gemeinderat erreicht. Bürgermeister Michael Häupl (S) kündigte an, sich kommende Woche mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) treffen zu wollen, "um zu überlegen, was kann man da legislativ machen". Schließlich ließen einen die Ergebnisse, wonach ein Fünftel der Befragten die Demokratie als unvereinbar mit dem Islam ablehnt, nicht ruhig schlafen: "Wenn ich so eine Studie von autochthonen österreichischen Lehrern hätte, würde mich der Schlag treffen."
Allerdings könne man rechtlich in so einem Falle leichter eingreifen. Auf Anfrage der Grünen sprach sich der Bürgermeister im Gemeinderat zwar dafür aus, dass es im Zuge der Ausbildung für Religionslehrer allgemeine Standards geben sollte. Ihm sei jedoch bewusst, dass dies einen komplexen Prozess nach sich ziehen würde. "Am Ende werden wir vor einer Diskussion stehen: 'Werden wir das Konkordat ändern oder nicht", warnte Häupl.(APA)
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