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3700 Euro fürs Nichtstun als Stadtrat?

Von Katharina Schmidt

Politik
Im St. Pöltner Rathaus hat der Bürgermeister das Sagen, die Stadträte sind weisungsgebunden. Foto:Mag. St. Pölten

Alle St. Pöltner Stadträte sind nicht-amtsführend. | Gemeinderatswahl am Sonntag.


St. Pölten. St. Pölten ist anders. Nicht nur gibt es in der 50.0000-Seelen-Stadt an der Traisen 13 Stadtsenatsmitglieder - und damit sogar um einen mehr als in Wien. Nein, diese Stadträte haben noch dazu alle kein Ressort. Klingt komisch, ist aber so.

Im niederösterreichischen Stadtrechtsorganisationsgesetz gibt es einen Passus, wonach der Bürgermeister den Mitgliedern des Stadtsenats - also den Stadträten und Vizebürgermeistern - zwar eigene Wirkungsbereiche zuweisen kann, aber nicht muss. Und selbst wenn der Bürgermeister dies tut, trägt er für alle Entscheidungen die Letztverantwortung.

Und dieses Kuriosum sorgt im derzeit noch laufenden Gemeinderatswahlkampf für heftige Auseinandersetzungen. So meint etwa die Bürgerliste "Für St. Pölten", dass jeder Stadtrat 3700 Euro brutto im Monat fürs Nichtstun bekommt -und das 14 Mal im Jahr. Die Forderung der "Twinni-Bürgerliste" (die Spitzenkandidaten kommen von Grünen und BZÖ): Vier Stadträte müssten gestrichen werden, die anderen einen klaren Geschäftsbereich bekommen.

Das fordert auch ÖVP-Stadtrat Bernhard Wurzer: In anderen niederösterreichischen Statutarstädten wie Krems oder Wiener Neustadt verteile der Bürgermeister ja auch klare Kompetenzen, sagt er. "Nur in St. Pölten gibt es keine wie immer gearteten Ressortzuweisungen." Er selbst habe nur Repräsentationsaufgaben über. Wenn er ein Bürgeranliegen an die zuständige Fachabteilung herantrage, so hieße es dort stets, er müsse sich zuerst an den Stadtchef wenden. Wurzer fordert "amtsführende Stadträte mit klaren Ressortzuteilungen", dies würde auch den Beamten das Leben erleichtern.

Bürgermeister Matthias Stadler - dessen SPÖ regiert seit 2006 mit fast 60 Prozent der Stimmen absolut - will davon nichts wissen. Einerseits bräuchte man für amtsführende Stadträte auch Infrastruktur - das würde die Kosten in die Höhe treiben. Andererseits "haben wir uns in der Frage immer gesetzeskonform verhalten", meint Stadler. So würde er "immer wieder" Stadträte mit bestimmten Aufgaben betrauen, zum Beispiel mit Feuerwehrangelegenheiten oder Schulfragen: "Ich bin den Kollegen für die Unterstützung sehr dankbar."

"Wie im Mittelalter"

Während diese Regelung für den Städtebund in den Bereich der Gemeindeautonomie fällt, ist die Situation für Stadtrat Wurzer "wie im Mittelalter". Und für den Parlamentarismusexperten Werner Zögernitz ist "eine Zentrierung auf den Bürgermeister", auch wenn sie gesetzeskonform ist, zumindest "seltsam".

Am Sonntag sind nun 44.501 St. Pöltner dazu aufgerufen, ihren neuen Gemeinderat zu wählen. Und aus dessen Mitte wird dann der Stadtsenat bestimmt - mit 13 Mitgliedern, besetzt nach dem Proporzsystem und dem Bürgermeister weisungsgebunden.