Fünf Jahre ist es her, dass Alfred Gusenbauer einen "Akt der Selbstreinigung" der eigenen Partei ankündigte. Das Ergebnis, die Studie "Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch, Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg. Das Beispiel der SPÖ" (Maria Mesner, Oldenbourg Verlag) wurde im Wiener Karl-Renner-Institut präsentiert.

Als "notwendigen Blick auf die schmerzhaften Seiten der Geschichte" bezeichnete Gusenbauer die Arbeit der sechs Historiker vom Institut für Zeitgeschichte und des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes. Diese hatten in den SPÖ-Akten unter anderem zu Tage gefördert, dass in der Regierung Kreisky fünf Minister ehemalige NSDAP-Mitglieder waren: Landwirtschaftsminister Hans Öllinger, dessen Nachfolger Oskar Weihs, Bautenminister Josef Moser, Verkehrsminister Erwin Frühbauer und Innen- und Verteidigungsminister Otto Rösch.

Das anfänglich strikte Vorgehen der Nachkriegsroten gegen alle NSDAP-Mitglieder führte zur Niederlage der Sozialistischen Partei im Wahlkampf 1945. Reagiert wurde mit einem Meinungsumschwung und der Forderung nach möglichst schneller Rehabilitierung. In der Folge war der Umgang mit der NS-Vergangenheit mancher roter Funktionäre eher schwammig.

Einmal mehr forderte Gusenbauer die anderen Parteien auf, sich ihrer Geschichte zu stellen. Die SPÖ hatte schon im Jänner einen Bericht über die "braunen Flecken" im Bund Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) veröffentlicht, eine weiterer über Vermögensentzug und Restitution innerhalb der SPÖ soll in den kommenden Monaten Folgen.

Die ÖVP, die eine derartige Studie bisher als nicht notwendig betrachtet hatte, zieht nun nach. Bis zum Jahresende sollen sämtliche Biographien der ÖVP-Nachkriegspolitiker durchleuchtet werden.