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Aus "Yussuf" wurde schon "Josef"

Von Yordanka Weiss

Politik

Eine Namensänderung erleichtert die Wohnungs- und Lehrstellensuche. | Auch das britische Königshaus hat sich 1917 umtaufen lassen.


Wien. Üm-mü-han Ör-ün. Die Personalberaterin ist gewohnt, ihren Namen fast immer zu buchstabieren. Im Berufsleben habe ihr der Name keine Probleme bereitet, in der Schule war es schlimmer - er war für alle unverständlich. "Ümmühan" hat zwei Bedeutungen: "die Mutter aller Gesetze" und "die Tochter des Propheten Mohammed", erzählt die junge Frau aus der Türkei. Trotz der Schwierigkeiten denkt sie nicht an eine Namensänderung: "Wie würde ich das meiner Familie gegenüber vertreten können? Der Name ist mehr als eine beliebige Buchstabenreihenfolge, er ist ein Zeichen meiner kulturellen und historischen Identität."

Viele sehen das anders und lassen ihren Namen ändern, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen und pauschale Vorurteile im Vorhinein zu vermeiden. Im Jahr 2010 unternahmen in Wien bis Ende November 2691 Personen eine Namensänderung. "Das Verfahren dauert bis zu sechs Monate", sagt Beatrix Hornschall, Leiterin der Wiener Magistratsabteilung 35 (Einwanderung, Staatsbürgerschaft, Standesamt). Dort können österreichische Staatsbürger und Flüchtlinge ihre Anträge stellen. Alle anderen haben sich an die jeweilige Botschaft zu wenden.

Recht auf Namensänderung hat laut Gesetz unter anderem, wer "ausländischer Herkunft ist und einen Familiennamen erhalten will, der ihm die Einordnung im Inland erleichtert". In Wien kostet das 13,20 Euro. Vor allem Personen aus Ex-Jugoslawien und der Türkei nützen diese Dienstleistung. Ohne triftige Begründung kann der Name gegen Bezahlung von 515 Euro geändert werden. 79 solcher Fälle gab es im Jahr 2010. Nach der Bewilligung entstehen Folgekosten für die Änderung von Reisepass und Führerschein, und weiterer Zeitaufwand folgt wegen Umschreibung der Zeugnisse und Diplome.

"Beweggründe sind bei der Antragstellung nicht zu nennen. Man muss sich aber die Änderung gut überlegen", so Hornschall. Die MA 35 achtet etwa darauf, Verwechslungsgefahr bei Namensgleichheit zu vermeiden. So kann man sich nicht nach Belieben Habsburg taufen. Im Zweifelsfall wird das Telefonbuch zu Rate gezogen.

Für eine Namensänderung hat sich der Integrationsberater Alexis Neuberg entschieden. Darüber spricht er nicht gerne. Er hat eine Ausbildung abgeschlossen, zahlreiche Bewerbungen geschickt und keine Antwort bekommen. Der ursprünglich afrikanische Familienname erwies sich als kein besonders guter Türöffner für die Berufswelt. Er entschloss sich "der Integration wegen" die Änderung durchzuführen.

Deutsche Namen in England

Um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen, machen diesen pragmatischen Schritt auch Monarchen. Das britische Königshaus hat sich im Jahr 1917 umgetauft. Zur Zeit des Ersten Weltkriegs wurde sowohl die deutsche Abstammung als auch der Name Sachsen-Coburg-Gotha nicht gern auf der Insel gehört. Das königliche Geschlecht trägt jetzt den Namen Windsor, benannt nach jener kleinen Stadt, in der sich die Residenz der Familie befindet.

Zur Namensänderung greifen auch Politiker. Willy Brandt, der deutsche Ex-Bundeskanzler, wurde als Herbert Frahm geboren, als uneheliches Kind der Verkäuferin Martha Frahm. Der Politiker musste sich deshalb später Scherze gefallen lassen. Konrad Adenauer nahm im Jahre 1961 spöttisch auf Brandts Alt-Namen Bezug und nannte seinem Konkurrenten für den Bundeskanzlerposten "Brandt alias Frahm".

Der Wiener Schauspieler Hans Moser wurde als Johann Julier geboren. Da er Sprechunterricht beim Hofschauspieler Josef Moser erhielt, nahm er auch dessen Familiennamen an. Kurt Waldheim, der Generalsekretär der Vereinten Nationen und frühere österreichische Bundespräsident, wurde als Wenzel Watzlawik geboren. Sein Vater änderte den Namen

Von Peter Westenthaler weiß man, dass er vor mehr als 20 Jahren Peter Hojac hieß. Den Namen hat er als Schüler gewechselt. "Westenthaler ist der Familienname meiner Mutter", so der BZÖ-Politiker. Ob Probleme wegen seines nicht österreichisch klingenden vorhergehenden Namens auftraten, wollte er nicht näher ausführen und gab persönliche Beweggründe für die Änderung an.

Benachteiligung wegen ausländisch klingender Namen konnte Zara, die Beratungsstelle für Opfer und Zeugen von Rassismus, eindeutig feststellen. Gemessen wurde mit dem wissenschaftlich anerkannten Instrument des "situation testing".

Zwang gegen Mitarbeiter

"Aufgrund ausländisch klingender Namen kommt es besonders oft bei der Job- und Wohnungsvergabe zu Diskriminierungen", berichtet Beraterin Dina Malandi. Sie nennt etwa einen Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter gezwungen habe, "österreichisch klingende" Namen zu verwenden, um den Kunden "mehr Sicherheit" zu geben. Frau Ö. meldete Zara, dass in Wiener Filialen einer Kette von Friseurgeschäften Angestellte, deren Namen "nicht österreichisch" klingen, gezwungen werden, eingedeutschte Namen zu verwenden. So kenne sie den Fall eines "Yussuf", der sich den Kunden als "Josef" vorstellen müsse.

Auch Jugendliche mit Migrationshintergrund haben oft erhebliche Schwierigkeiten, eine Lehrstelle zu finden, selbst wenn sie sehr gute Zeugnisse vorzuweisen haben. Eigentlich sieht das österreichische Gleichbehandlungsgesetz vor, dass Arbeit frei von rassistischer Diskriminierung sein soll. Die Realität sieht anders aus.

Was kann man dagegen tun? "Ein gesellschaftliches Umdenken, um Vorurteile abzubauen. Es ist aber leichter, den Namen zu ändern, als die Einstellungen der Menschen", so Malandi. Derzeit, erzählt sie, laufen in Deutschland seit Herbst anonyme Bewerbungsverfahren. Fünf große Firmen starteten den Versuch, Lebensläufe von Bewerbern ohne Namen und Foto auszusuchen um auf diese Weise mehr Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt zu schaffen.