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Die Retter des Abendlandes

Von Georg Friesenbichler

Politik

Anti-Islam statt Hitler-Verehrung. | Tat wird verurteilt, | Ideologie geteilt.


Wien. Er würde sich wünschen, „dass der Irre von Norwegen in eine Moschee statt auf eine Ferieninsel gegangen wäre. . . zum beten (sic!) natürlich . . .” Das ist ein Beitrag zum Blog von „SOS Österreich”, einer Internet-Plattform, die sich als „islamkritisch” versteht. Auf einen anderen Beitrag wird geantwortet, dass „in der aktuellen Lage, wo die Gemüter durch das Norwegen Attentat sehr aufgeheizt sind”, es besser sei, „manche Dinge - vorerst - nicht auszusprechen.”

Diese Reaktion auf die Bluttaten von Norwegen ist typisch für den Zwiespalt, in dem sich die selbsternannten Islamkritiker derzeit bewegen: Verurteilung des Terroristen Anders Breivik auf der einen, Übereinstimmung mit seiner Ideologie auf der anderen Seite. Im Internet tummeln sich auf zahlreichen Webseiten Menschen, die sich vor einer schleichenden Islamisierung Europas fürchten - auf einige von ihnen hat sich Breivik ausdrücklich berufen.

Diese haben mit herkömmlichen Neonazi-Aktivitäten wenig zu tun, auch wenn es inhaltliche und personelle Überschneidungen gibt. Hier wird der Holocaust nicht geleugnet, es gibt keine NS-Nostalgie, auch wenn ein deutlich nationalistischer Ton herrscht. Sogar Judenhass spielt keine Rolle - im Gegenteil, der Niederländer Geert Wilders, eine Gallionsfigur der Szene, ist sogar ausgesprochen Israel-freundlich. Im Dezember vergangenen Jahres hat er etwa Israel dazu aufgefordert, mehr jüdische Siedlungen im Westjordanland zu bauen.

In Israel war zu dieser Zeit auch die Österreicherin Elisabeth Sabaditsch-Wolff. In den 90er-Jahren im Stab von Außenminister Wolfgang Schüssel zählt sie heute zu den profiliertesten „Anti-Djihadisten”, wie sich jene nennen, die einen angeblichen „demographischen Djihad” verhindern wollen. Als solche ist sie auch auf der Webseite „Gates of Vienna” vertreten, auf die sich der Attentäter Breivik immer wieder beruft. „Ich kann mich gegen solche falschen Vereinnahmungen leider nicht wehren, denn wer mich und meine Vorträge kennt, der weiß, dass ich jede Form von Gewalt ablehne”, meldete sich Sabaditsch-Wolff am Dienstag zu Worte und stellte weiters in Frage, ob denn „fundierte Kritik” Schuld an Attentaten sein könne.

Gegen Mulitkulti, Linke

Sabaditsch-Wolff beruft sich immer wieder auf Koran-Zitate, um den ihrer Meinung nach totalitären Kern des Islam zu unterstreichen. Dafür wurde sie im Februar - nicht rechtskräftig - zu einer Geldstrafe von 480 Euro verurteilt. Das bezog sich allerdings nicht auf Aussagen wie „Der Islam ist feindselig”, „Der Koran ist böse” oder „Die Muslime wollen Krieg, sie hassen uns”, die sie als Referentin in einem Seminar des Freiheitlichen Bildungsinstituts getätigt haben soll, Verhetzung sah die Richterin nicht als gegeben an. Weil die Referentin aber durchklingen ließ, der Religionsstifter Mohammed habe „gern mit Kindern ein bisschen was” gehabt, wurde auf Herabwürdigung religiöser Lehren entschieden. Für Sabaditsch-Wolff und ihre Gesinnungsgenossen war dies ein Skandalurteil, das die „Redefreiheit in Gefahr” bringe. Auch das ist ein beliebtes Argumentationsmuster dieser rechten Gruppen, die sich stets durch die Massenmedien, angebliche „political correctness” und „linken Gesinnungsterror” verfolgt sehen. Weitere Feindbilder sind „Multikulti”, die Angst vor Einwanderung und Überfremdung. Zudem fordert man den Austritt aus EU und Nato.

„Rechtspopulistisch”

Diese Ansichten teilen die Internet-Aktivisten mit den sogenannten rechtspopulistischen Parteien Europas, und in vielerlei Hinsicht gibt es personelle Querverbindungen, nicht nur bei Sabaditsch-Wolff, die für die FPÖ referierte. In dem erwähnten Dezember 2010 wurde von Vertretern solcher Parteien die „Jerusalemer Erklärung” unterschrieben, die sich gegen „den fundamentalistischen Islam” als weltweite „totalitäre Bedrohung” wandte und das Recht auf Selbstverteidigung Israel besonders gegen den „Islamischen Terror” betonte.

Zu den Unterzeichnern gehörten Hans-Christian Strache, der Führer des flämischen „Vlaams Belang” Filip Dewinter, der Ex-CDU-Politiker Rene Stadtkewitz, der mit seiner Partei „Die Freiheit” bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September antritt, und der Außenbeauftragte der „Schwedendemokraten” Kent Ekeroth.

Angst vor Verfolgung

Auch der FPÖ-Abgeordnete Werner Königshofer, der kürzlich wegen angeblicher Verbindungen zur Neonazi-Webseite „alpen-donau.info” mit Rücktrittsaufforderungen konfrontiert worden war, gehört zu den Islamgegnern. Auf Facebook stellte er den Terror von Oslo in Relation zur islamistischen Gefahr, die „in Europa schon tausendmal öfter zugeschlagen hat”. Gleichzeitig mahnt er seine Fans „eindringlich, Euch bei allen Aussagen und Verweisen an die österreichischen Gesetze zu halten, weil die Organe unseres Linksstaates nur darauf warten, diverse ,Rechtsinjurien anzuzeigen und anzuklagen”.

Der eingangs erwähnte, zur Vorsicht aufrufende Blogger hofft, dass dieser Zustand bald vorüber geht: „Die Wogen werden sich schon wieder glätten und dann geht es wieder mit voller Kraft vorwärts.”