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"Flughafen-Gutachten ist fehlerhaft"

Von Christian Rösner

Politik

Verhandlung zur dritten Lande-Piste am Montag. | Experten orten schwere Mängel im | Behördengutachten.


Wien. Zu dem geplanten Bau einer dritten Piste auf dem Flughafen Wien beginnt am Montag die mündliche Verhandlung nach Paragraf 16 UVP-G 2000 (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000). Bis 7. September sollen alle Fachbereiche behandelt werden.

Laut Flughafen Wien fand von 2000 bis 2005 das "umfangreichste in Europa jemals durchgeführte Mediationsverfahren" mit rund 50 Verfahrensparteien für die dritte Piste statt. Der Prozess wurde mit einem zivilrechtlich verbindlichen Mediationsvertrag, der Errichtung eines Dialogforums und der Gründung eines Umweltfonds abgeschlossen, wird betont.

Was den zu erwartenden Fluglärm betrifft, erklärt man beim Flughafen, dass die Gutachter in der Umweltverträglichkeitserklärung detaillierte Prognosen erstellt hätten, Belastungen um die geplante Piste würden nur im unbewohnten Gebiet auftreten.

Dem widersprechen der "Wiener Zeitung" vorliegende Gutachten. In Stellungnahmen von einem Mediziner und zwei Physikern zu den Behördengutachten werden generell Beanstandungen wegen unrichtiger Aussagen, Diskrepanzen zu Gesetzen, Önormen und falsch zitierten Studien erhoben. In Auftrag gegeben wurden die Bewertungen vom Verein Antifluglärmgesellschaft und sollen am Montag präsentiert werden.

In der Nachprüfung des Teilgutachtens "Umwelthygiene" steht unter anderem, dass sich darin "zahlreiche und schwerwiegende Fehlzitierungen und Fehlinterpretationen zitierter wissenschaftlicher Literatur" finden würden. Zum Teil werde auch das exakte Gegenteil von dem behauptet, was in der Originalliteratur publiziert wurde. "Es finden sich ebenfalls Behauptungen über fehlende Zusammenhänge zwischen Umgebungslärm und Erkrankungen, die durch hochrangig publizierte wissenschaftliche Literatur widerlegt werden", heißt es.

Was die Luftreinhaltetechnik betrifft, lässt auch der Experte für Umweltschutz in der Prüfung des entsprechenden Teilgutachtens kein gutes Haar. Demnach wurden Emissions- und Immissionsmessungen aus dem Zeitraum 1999 bis 2000 als Ist-Zustand angegeben. Als "wesentliche Unterlassung" bezeichnete der Experte, dass die Sekundärbildung von Luftschadstoffen durch Flugverkehr sowie die Schubumkehr nicht berücksichtigt wurden.

Alles noch offen

Weiters beziehe sich das behördliche Gutachten auf WHO-Grenzwerte aus dem Jahr 2000. "Die WHO Air Quality Guidelines der derzeit gültigen Fassung stammen jedoch aus dem Jahr 2005" - und die seien nicht berücksichtigt worden.

Bleibt abzuwarten, welche Relevanz diese Punkte bei der Verhandlung ab Montag haben werden. "Wenn jemand schlüssig aufzeigen kann, dass ein Fehler gemacht oder etwas Wichtiges übersehen wurde, kann das Ermittlungsverfahren schon wieder aufgerollt werden", hieß es am Freitag vonseiten der Behörde. Theoretisch ist also noch alles offen.